Proteste gegen Trump: Wut und Angst auf der Straße

In den USA kam es zu den größten Massenprotesten in Donald Trumps zweiter Amtszeit

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 4 Min.
In Los Angeles wie in anderen Städten der USA waren die Straßen am Samstag beim größten Protest gegen Präsident Donald Trump in dessen zweiter Amtszeit voll.
In Los Angeles wie in anderen Städten der USA waren die Straßen am Samstag beim größten Protest gegen Präsident Donald Trump in dessen zweiter Amtszeit voll.

Zu Hunderttausenden zog es wütende und verängstigte Menschen in den USA am Samstagnachmittag auf die Straße. Ihr Motto: »Hands Off 2025« (Hände weg). Hands off von den Renten, von den Immigranten, von Bildung und Universitäten, von Nationalparks, Sozialversicherung, Hands off vom Recht auf Meinungsfreiheit, dem Recht auf Versammlung und den reproduktiven Rechten. Handgemalte Schilder mit den Aufschriften »Fuck Trump« und »Fuck Musk« waren keine Ausnahme.

Online hatten Organisationen wie Invisible und MoveOn aus dem Spektrum progressiver Demokraten für die Massenproteste mobilisiert. Hunderte von örtlichen Initiativen schlossen sich dem Aufruf an. Mit Erfolg. Rund fünf Millionen Kundgebungsteilnehmer an bis zu 1500 Orten registrierte die Protest-Homepage. Das sind mehr als zwei Prozent der US-amerikanischen Bevölkerung. In alles 50 US-Staaten gab es Kundgebungen.

Sanders und Ocasio-Cortez ziehen Massen an

Dass sich eine Oppositionsbewegung gegen Präsident Donald Trump und Milliardär Elon Musk zu formieren beginnt, sprach sich in US-Mainstreammedien erst vor Kurzem herum, als Tausende von Menschen zu Veranstaltungen von Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez strömten. Die beiden bekanntesten demokratischen Sozialisten des Landes hatten sich Mitte März ohne Zutun der Demokraten-Partei auf eigene Faust zu ihrer Fighting Oligarchy-Tour im US-Westen aufgemacht.

Tausende von Menschen kamen, in Zahlen gemessen vergleichbar mit den Massen, die Barack Obama 2008 zuströmten. Bernie Sanders sprach am 21. März in Denver im Bundesstaat Colorado »vor mehr Menschen als je zuvor« in einer seiner Wahlkampfreden.

Protest rumorte schon seit einiger Zeit

Unterhalb des Radars der Medien – auch der ausländischen, die sich sicherheitshalber an ihre US-Pendats halten – fanden aber auch schon davor Proteste gegen Trump und die Abteilung für Regierungseffizienz (DOGE) statt. Am 17. Februar skandierten Tausende von Demonstranten »No kings on President's Day« (Der President's Day ist ein bundesweiter Feiertag, Anm. d. Red.). Damit verurteilten sie die Missachtung der verfassungsmäßigen Gewaltenteilung durch Trump.

Organisiert wurden die Demos im Februar über soziale Medien. Sie brachten mehr Menschen auf die Straße als zu Beginn von Trumps erster Amtszeit im Februar 2017. Das Crowd Counting Consortium, ein gemeinsames Projekt der Universitäten Harvard und Connecticut zur Dokumentation des Protests, gab es damals landesweit über 900 Demonstrationen. Im Februar 2025 waren rund 2000, allerdings weiter im Land verstreut und mit jeweils wenigen Teilnehmern.

Weite Teile der Gesellschaft verunsichert

Der große Unterschied zu Trumps erster Amtszeit sind die Entlassungen und die existentielle Verunsicherung, die heute in einem Großteil der US-amerikanischen Bevölkerung herrscht. Zehntausende von Bundesangestellten erhielten Kündigungsschreiben. Dazu kommt die »Kettensäge«, mit der sich Elon Musk und seine Mitarbeiter des DOGE, gestützt auf künstliche Intelligenz, durch die Computersysteme der Bundesbehörden fräsen. Die Wut über dieses Vorgehen entlud sich in den vergangenen Wochen vor Tesla-Niederlassungen. Bei Protesten wurden wiederholt Cyber-Trucks, das aktuelle Flaggschiff des Autobauers, beschädigt.

Und ganz aktuell gibt es neuen Anlass zur Sorge: der Absturz der Börsenwerte infolge von Trumps Zollpolitik. Nicht nur die staatliche, sondern auch die private, aktiengestützte Rentenversorgung ist in Gefahr. Millionen von Älteren im Vorrentenalter oder bereits Rentner wissen schlichtweg nicht mehr, ob sie sich in Zukunft Wohnung, Lebensmittel und Krankenversorgung leisten können.

Menschen haben Angst vor den Folgend der Trump-Regierung

Der altlinke Veteran Ethan Young aus Brooklyn fasst gegenüber »nd« die Motivation der Amerikaner, sich massenhaft Luft zu verschaffen, so zusammen: »Die Opposition gegen Trump ist wie auch die Unterstützung für ihn basiert auf derselben Motivation: Angst. Ein Teil der Bevölkerung hat Angst vor der Aushöhlung der herkömmlichen sozialen Beziehungen, aber es geht dahinter ums Eingemachte: die Angst, sich Essen nicht mehr leisten zu können. Man fürchtet sich vor dem Chaos in der Regierung, davor, dass einem die Grundversorgung und die entsprechenden staatlichen Dienstleistungen versagt bleiben, und vor Faschismus

Die Unzufriedenheit von großen Bevölkerungsteilen wird von Führungsspitzen der Demokratischen Partei durchaus als Weckruf verstanden. Barack Obama meldete sich erstmals seit Monaten mit einer Warnung vor der Trump-Regierung zurück. In die Samstags-Demonstrationen mischten sich zahlreiche gewählte Demokraten als Redner und Teilnehmer. Aber über business as usual – Spendengelder sammeln, auf kommende Wahlen orientieren – hinauszudenken, kommt ihnen nicht in den Sinn. Einzig der Druck einer Massenbewegung auf sie könnte weiterhelfen.

Trump könnte Militär auf die Straße schicken

Auch Trump-Anhänger mobilisierten am Samstag, konnten aber nicht wie gewünscht provozieren. Vom Präsidenten und seiner Regierung gab es bisher keine Reaktion. Im Raum stehen Drohungen, die Tesla-Sabotagen als »Terrorismus« verfolgen zu lassen. Darüber hinaus gibt es den Stichtag 20. April. Bis dahin soll Trump von einem Ausschuss die Empfehlung erhalten, ob er den Notstand ausruft und Militär für Abschiebungen einsetzen lässt. Beobachter befürchten, dass Trump seine Ankündigung im Wahlkampf, den »insurrection act« aus der Schublade zu ziehen, in die Tat umsetzt und Militär in von Demokraten regierten Städten aufmarschieren lässt.

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