Ist das MZ-Werk noch zu retten?

Steffen Dögnitz über das drohende Aus für die Traditionsmarke aus Zschopau

  • Lesedauer: 3 Min.
Steffen Dögnitz ist Betriebsrat im sächsischen MZ-Motorradwerk Zschopau. Der Betrieb soll am 31. Dezember dieses Jahres endgültig geschlossen werden. Die Hoffnungen der Belegschaft richten sich auf einen neuen Investor, der das Werk vor der Schließung bewahren könnte. Bis zur Wende arbeiteten 3200 Menschen in dem Werk, das Motorräder in über 100 Länder exportierte.
Ist das MZ-Werk noch zu retten?

ND: Das traditionsreiche MZ-Motorradwerk in Zschopau schreibt seit Jahren rote Zahlen und soll nun geschlossen werden. Ist das Werk noch zu retten?
Dögnitz: Ich kann noch nicht hundertprozentig sagen, ob MZ gerettet werden kann. Ich kann nur sagen, dass wieder Bewegung in die Gespräche gekommen ist zwischen Malaysia und dem potenziellen Investor, so gesehen ist auch wieder ein Funken Hoffnung da für ein Überleben von MZ.

Welche Rolle spielt der malayische Hong-Leong-Konzern, dem MZ seit 1996 gehört?
Der Konzern hat eine recht positive Rolle für MZ gespielt, denn er hat sehr viel Geld investiert, auf jeden Fall mehr als nur die zur Verfügung gestellten Fördermittel. Die Intention des Konzerns war nicht nur das Abfassen von Investitionszuschüssen. Allerdings hat die Konzernführung erkannt, dass ihr Engagement auf dem Motorradmarkt nicht erfolgreich verlaufen ist, und sie hat aus diesem Grund bereits seit gut 20 Monaten einen neuen Eigentümer für MZ gesucht. Aus ihrer Sicht ist das nicht erfolgreich verlaufen, deshalb hat sie jetzt einen Schlussstrich gezogen. Für uns ist es natürlich unverständlich, weil sie in eine Schließung von MZ noch mal Geld reinstecken müsste. Also würde der Verkauf an einen potenziellen Investoren mehr Sinn machen, weil so noch ein, wenn auch kleiner, Gewinn erzielt werden könnte. Und aus dieser Sicht ist die Schließung von MZ überhaupt nicht nachzuvollziehen.

Warum konnte niemand den Niedergang der Marke MZ aufhalten – verfolgte man eine falsche Produktpolitik?
Es wurde bestimmt auch eine falsche Produktpolitik verfolgt. Ich denke, es waren Fehler des Managements seit 1996. Die finanziellen Mittel, die in den Betrieb geflossen sind, hat man in eher fragwürdige Projekte investiert. Ich erinnere da an das Projekt MZ-Beteiligung am Grand Prix. Damals konnte sogar der Grand Prix Star Ralf Waldmann als Fahrer gewonnen werden, was sich dann mehr oder weniger als Luftnummer entpuppte. Das waren eindeutig falsche Entscheidungen des Managements. Und es war wohl auch eine falsche Entscheidung des Managements, die DDR-Tradition abrupt zu beenden. Zum Beispiel engagierte man sich im Geländesport gar nicht mehr. Da hat uns eine andere Firma vorgemacht, was man im Motorsport verdienen kann. Die Firma KTM hat sich im Geländesport engagiert und uns gezeigt, was wir hätten besser machen können.

Das MZ-Werk soll ja auch geschlossen werden, weil die Bindefrist für Investitionszuschüsse des Landes in diesem Jahr ausläuft, wie der Geschäftsführer Steve Yap zugab. Sehen Sie da Parallelen zum Fall Nokia, oder ist der Fall MZ völlig anders gelagert?
Ich denke schon, dass das auf einer anderen Schiene läuft. Letztendlich ist ja der Fall Nokia eine Verlagerung der Fertigung, während sich hier ein Investor vollkommen aus dem Geschäft zurückzieht. Es soll also nichts verlagert werden, es soll auch nichts in Malaysia unter dem Namen MZ verkauft oder produziert werden. Die Hong-Leong-Gruppe will sich ja wirklich komplett zurückziehen. Und so gesehen haben sie sich ja auch bemüht, einen neuen Investor zu finden. Allerdings haben sie sich unverständlicherweise nicht für den potenziellen Investor entschieden.

Welche Auswirkungen wird die Betriebsschließung auf die Region Zschopau haben?
Na ja, letztendlich sind wir jetzt nur noch 40 von ehemals 3200 Mitarbeitern. Wir hatten hier schon Betriebsschließungen, da sind wesentlich mehr Leute auf einen Schlag entlassen worden. Allerdings unterscheidet sich die jetzt drohende Schließung von den anderen erheblich, denn hier verschwindet auch eine traditionsreiche Marke. Letztendlich sind unsere Produkte von der Technik her schon konkurrenzfähig, aber man muss auch kaufmännisch, also mit Gewinn, produzieren. Und das hat uns in den letzten Jahren gefehlt.

Fragen: Fabian Lambeck

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