LINKE meldet: Kandidat ist da

Laut Ramelow bewirbt sich neben Köhler und Schwan noch jemand

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 3 Min.
Sommerinterviews, Sommerträume, Sommerloch – wer in der nachrichtenarmen Zeit auf sehr viel mehr als Spekulationen hofft, hat schlechte Karten. Nicht so bei der LINKEN. Am Wochenende erklärte deren Fraktionsvize die parteiinterne Suche nach einem eigenen Kandidaten oder einer Kandidatin für die Köhler-Nachfolge als »erfolgreich abgeschlossen«.

Namen freilich nennt Bodo Ramelow nicht. Das hätte ihm vermutlich auch erheblichen Ärger in den eigenen Reihen eingebracht. Denn schließlich dürfte die LINKE mit derlei voreiligen Namensjonglierereien in Sachen Bundespräsidentenwahl genügend peinliches Lehrgeld gezahlt haben. Vor geraumer Zeit wurden schon Christa Wolf und Daniela Dahn öffentlich gehandelt, Dementis folgten.

Deshalb lautet nach wie vor die Losung bei der LINKEN: Über eine eigene Kandidatur zur Bundesversammlung am 23. Mai 2009 wird erst nach der Bayern-Wahl entschieden. Dies betonte gestern auch der Bundesgeschäftsführer der Partei, Dietmar Bartsch, gegenüber ND. Ob derlei Schweigediktat aus dem Karl-Liebknecht-Haus allerdings bis zur Wahl im Freistaat Ende September funktioniert? Spätestens seit Ramelows Signal vom Wochenende sind garantiert zahlreiche Rechercheure unterwegs. Anfang September soll zudem die linke Bundestagsfraktion über eine Einladung der SPD-Kandidatin Gesine Schwan befinden. Spätestens dann dürfte es viele Eingeweihte geben, da – so Bartsch – alles »ganz demokratisch« ablaufen soll, »und nicht so, wie in der CDU, wo der Fraktionschef stellvertretend für alle Abgeordneten einfach abwinkt«.

Klar ist schon heute – zumindest für Ramelow –, dass die LINKE mit einem eigenen Kandidaten oder einer eigenen Kandidatin zur Wahl des künftigen Bundespräsidenten ins Rennen geht. Das bestätigte der Vizefraktionschef gestern gegenüber ND. Die Suche nach dafür geeigneten Männern und Frauen sei in der Fraktionsvorsitzendenkonferenz seiner Partei klar verabredet gewesen, die beiden Fraktionschefs Gregor Gysi und Oskar Lafontaine seien beauftragt worden, entsprechende Gespräche zu führen – und jetzt sei dieser Prozess »positiv abgeschlossen«. Das alles hört sich freilich nicht nach einem Zerwürfnis in der Spitze der LINKEN an, von dem der »Spiegel« jüngst berichtete. Die dort beschriebenen Differenzen über eine möglichst baldige Ausrufung einer eigenständigen Links-Kandidatur – die Lafontaine befürworten soll – und ein möglichst noch lange offenes Verfahren mit der nicht auszuschließenden Option einer Mitwahl von Schwan – wofür laut »Spiegel« Gysi und Parteichef Lothar Bisky plädieren – werden dennoch nicht nur unter den Dreien diskutiert.

Den 3. Weg in dieser Frage scheint nunmehr Bodo Ramelow zu beschreiten. Einzig offen und nach der Bayern-Wahl zu entscheiden ist nach dessen Auffassung, wie die von der LINKEN gestellten Vertreter in der Bundesversammlung sich im zweiten und/oder dritten Wahlgang entscheiden werden. Zur bayerischen Landtagswahl entscheidet sich mit dem CSU-Abschneiden über oder unter 50 Prozent, ob Union und FDP, die beide eine zweite Amtszeit Horst Köhlers im Schloss Bellevue befürworten, eine Mehrheit in der Bundesversammlung haben – oder ein mögliches gemeinsames Abstimmen von Rot-Rot-Grün für die SPD-Favoritin Gesine Schwan erfolgreich sein könnte. Notwendig dafür sei allerdings, so Ramelow, dass die Parteien miteinander sprechen und die bis dato stattfindende und nicht akzeptable Form der Ausgrenzung der LINKEN nicht mehr stattfindet.

Einen Strich durch alle Rechnungen könnten freilich die Grünen machen, wenn aus ihren Reihen mit einem ausreichenden Köhler-Votum ein schwarz-grünes Signal gesetzt wird.

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