Schon jung in den Moskitohimmel
Mit Wolbachia-Bakterien hoffen australische Forscher, das Dengue-Fieber zu besiegen
Das Jahr ist gerade mal zwei Monate alt und schon verzeichnet Malaysia die schlimmste Dengue-Epidemie aller Zeiten. Allein in den ersten vier Wochen von 2009 sind in dem südostasiatischen Land 14 Menschen an dem von der Stechmücke Aedes aegypti übertragenen Denguevirus gestorben und es wurden 5062 Infektionsfälle registriert, fast doppelt so viele wie im Januar 2008. Insgesamt verzeichneten die malaysischen Behörden im vergangenen Jahr knapp 50 000 Erkrankungen und 112 Todesfälle durch die Infektionskrankheit.
Malaysia ist kein Einzelfall. Trotz intensiver Aufklärungs- und Präventionskampagnen steigt auch in anderen tropischen Ländern die Zahl der Dengueinfektionen. Zudem taucht Aedes aegypti immer häufiger in Regionen auf, in denen es bisher zu kühl für das Insekt war. Schuld ist die globale Erwärmung, mutmaßen Experten. Weltweit sind bisher 100 Millionen Menschen von Dengue bedroht. 20 000 sterben jährlich an der Folge der Denguefieber genannten Krankheit. Die Symptome sind oft unspezifisch oder einer schweren Grippe ähnlich, können aber auch innere Blutungen umfassen.
Die akuten Beschwerden einer Dengueerkrankung sind behandelbar. Aber einen Impfstoff gegen eine Infektion gibt es nicht. Der beste Schutz ist Vermeidung von Stichen durch Schutzkleidung, Sprays und Moskitonetze, denn die Mücken sind tagaktiv. Zudem können den Moskitos durch die konsequente Beseitigung von stehenden Wasserstellen wie Pfützen ihre Brutstätten genommen werden. Eine aktive Bekämpfung der blutsaugenden Insekten wäre eine weitere Option. Allerdings ist Bekämpfung der Mücken mit Insektiziden problematisch, da diese häufig auch ins Trinkwasser gelangen können.
Einem australischen Wissenschaftler von der Universität Queensland ist jetzt ein wissenschaftlicher Durchbruch gelungen, der die Denguebekämpfung revolutionieren könnte. Die Idee von Professor Scott O'Neill, Leiter des Fachbereichs Biologie: Verkürzt man die Lebensdauer der Mücken, nimmt man ihnen ihr infektiöses Potenzial. Denn nur ältere Moskitos können das Virus auf Menschen übertragen.
Unter Laborbedingungen haben O’Neill und seine Mitarbeiter nachgewiesen, dass das mit Hilfe von Wolbachia-Bakterien möglich ist. Wolbachia verkürzt die etwa 30-tägige Lebensdauer der Stechmücke um die Hälfte, ist aber für Menschen unschädlich. O’Neill konnte durch seine mit umgerechnet gut fünf Millionen Euro von der Bill und Melinda Gates Stiftung geförderte Forschung zeigen, dass die Moskitos zwar nach 12 bis 15 Tagen das Zeitliche segnen, aber Zeit genug haben, sich fortzupflanzen und dabei gleich noch die Wolbachia-Infektion zu vererben (»Science«, Bd. 323, S. 141).
In mühevoller Kleinstarbeit haben Studenten von Professor O’Neill das Bakterium Wolbachia, das auch viele andere Insekten befällt, mit superfeinen Nadeln in 10 000 Moskitoembryos injiziert. Der Doktorand Conor McMeniman sagte: »Wir mussten tausende Embryos impfen, aber das Ergebnis war die Mühe wert.«
Jetzt müssen die Wissenschaftler nachweisen, dass ihre Anti-Denguewaffe auch außerhalb des Labors wirksam ist. In einem ersten Schritt wird in einem Käfig im Norden von Queensland getestet, ob die Moskitos auch unter natürlichen Bedingungen das Bakterium vererben und sich frühzeitig in den Insektenhimmel verabschieden. »Wenn sich das als erfolgreich erweist, werden wir hoffentlich diese neue Denguekontrollmaßnahme in anderen Teilen Australiens, aber auch in Thailand und Vietnam einsetzen können«, sagt O’Neill. Vorausgesetzt, das Konzept erweist sich auch als sicher, könnte die neue Dengueprävention im großen Stil in etwa fünf Jahren eingeführt werden. Da die Mücken auch andre Erkrankungen wie das Gelbfieber übertragen, würde ihre Dezimierung so manchen Menschen retten.
In Australien wären Gesundheitsämter schon jetzt froh, wenn unschädliche Denguemücken durch die Gegend surren würden. Der tropische Norden von Queensland wird seit Anfang Januar von einer Dengueepidemie heimgesucht. Die wird sich in den kommenden Wochen noch verschärfen, warnen die Behörden. Denn der tropische Norden stand nach Zyklonen wochenlang unter Wasser. Wenn das Wasser abfließt, so die Befürchtung, bleiben Reste in Pfützen, in leeren Dosen, alten Autoreifen, in Gärten oder Regenrinnen und bieten dem Moskito idealste Brutstätten.
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