Testfall für Schwarz-Gelb
Länder wehren sich gegen Senkung der Hartz-IV-Zuschüsse des Bundes
Der Unmut, mit dem nicht nur sozialdemokratische Ministerpräsidenten auf die Steuersenkungspläne der schwarzgelben Koalition reagiert haben, ist noch nicht verstummt, da könnten schon weitere Ärgernisse drohen. Denn der Bund will seine gesetzliche Beteiligung an den Zuschüssen, die die Kommunen für Unterkunft und Heizung der Hartz-IV-Empfänger zahlen, kräftig reduzieren. Darüber wird heute im Bundesrat verhandelt. Es ist ein erster Lackmustest der Konfliktbereitschaft der Länder gegen Schwarz-Gelb.
Ein Grund dafür, warum die Einführung von Hartz IV seinerzeit in vielen Kommunen nicht nur auf Ablehnung stieß, bestand darin, dass diese für ihre Wohnkostenzuschüsse finanziell entlastet werden sollten. Das klappte zunächst auch ganz gut. 2007 betrug die durchschnittliche Bundesbeteiligung noch fast 32 Prozent; Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz lagen mit circa 35 bzw. 41 Prozent noch deutlich darüber. Nun soll die Bundesbeteiligung ab 2010 auf durchschnittlich 23,6 Prozent zurückgefahren werden. Die kommunalen Spitzenverbände schlagen Alarm. Denn das Vorhaben könne die Kommunen zwei Milliarden Euro kosten, warnt der Präsidenten des Deutschen Landkreistages, Hans J. Duppré.
Der Bund spricht dagegen sehr salomonisch davon, das er grundsätzlich an den für 2010 versprochenen 2,5 Milliarden Euro Entlastung festhält, nur müsse man sich nun nach dem Berechnungsmodell der Bundesagentur für Arbeit richten, das die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften zugrunde legt. Im Bundesrat senkten der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und der Innenausschuss nun ganz diplomatisch den Daumen. Natürlich begrüße es die Länderkammer sehr grundsätzlich, dass der Bund an seiner Absicht, die Länder und Kommunen zu entlasten, festhält, nur stehe dem leider das »nicht sachgerechte« Berechnungsmodell der Agentur entgegen, das nicht von der tatsächlichen Anzahl der Bedürftigen ausgehe. Deswegen glaube man der Bundesregierung nicht, dass die versprochenen Milliarden tatsächlich auch fließen würden.
Die schwarz-gelbe Mehrheit des Bundesrates kann natürlich die beiden Ausschüsse überstimmen und das Gesetz passieren lassen. Es ist ohnehin kein Zustimmungsgesetz. Damit würde sie jedoch demonstrieren, dass sie sich vom Bund widerstandslos Geld anknöpfen lässt. Nach den markigen Ankündigungen gegen die Steuersenkungspolitik der Koalition, die es auch aus den Reihen der CDU-Länderchefs gab, ständen diese dann ziemlich handzahm da.
Aber welche Möglichkeiten hätten die Länder und Kommunen überhaupt, sich dem Griff in ihre Tasche zu widersetzen? Das fragliche Gesetz ist ein sogenanntes Einspruchsgesetz. Der Bundesrat muss zwar nicht zustimmen, kann aber durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses ein aufschiebendes Veto einlegen. Können die Länder ihre Interessen dort nicht durchsetzen, ist ein Einspruch des Rates möglich, den der Bundestag aber überstimmen kann. Sollte der Bundesrat jedoch mit Zwei-Drittel-Mehrheit Einspruch erheben, kann der Bundestag diesen auch nur mit einer solchen Mehrheit überstimmen.
Das es soweit kommt, ist natürlich wenig wahrscheinlich. Aber erstmals muß Schwarz-Gelb jetzt zeigen, ob es seine Mehrheit in der Länderkammer zusammenhalten kann.
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