»Nachholbedarf« in Sachen Israel
Westerwelles erste Nahostreise von jüdischer Kritik begleitet
Berlin (AFP/ND). Als Themen seiner Gespräche nannte Westerwelle am Montag vor seinem Abflug neben dem Nahost-Friedensprozess auch Iran. Dessen atomare Bewaffnung sei für die internationale Staatengemeinschaft »in keiner Weise akzeptabel«.
Eine Reise nach Israel sei eine »ganz besondere Sache», sagte der Außenminister. Deshalb wollte er noch am Montagabend kurz nach seiner Ankunft die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem besuchen. Ebenfalls noch am Montag wollte Westerwelle mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu sprechen. Für diesen Dienstag stehen Treffen mit mehreren israelischen Politikern sowie mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fajad in Ramallah im Westjordanland auf dem Programm.
Der FDP-Politiker sagte, Ziel im Nahen Osten sei eine Zwei-Staaten-Lösung. Israel habe das Recht auf sichere Grenzen, die Palästinenser ihrerseits hätten das Recht auf einen eigenen Staat. Die sogenannte Road Map für den Nahost-Friedensprozess lege klar fest, dass ein Einfrieren der israelischen Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten vereinbart sei. Dies sei nicht nur die Haltung Deutschlands, sondern auch der internationalen Gemeinschaft.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm bezeichnete die jüngste Entscheidung der israelischen Regierung, im von Israel annektierten arabischen Ostteil Jerusalems neue Wohnungen bauen zu lassen, als außerordentlich bedauerlich. Der Siedlungsbau gerade in Ost-Jerusalem sei ein »großer Stolperstein auf dem Weg zu nachhaltigen Fortschritten im Nahost-Friedensprozess«. Damit konterkariere Israel die Formel, dass Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen aufgenommen werden müssten.
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, sagte, Westerwelle und die FDP hätten bei den Beziehungen zu Israel noch »erheblichen Nachholbedarf«. Die Reaktionen der israelischen Regierung auf Westerwelles Ernennung zum Außenminister seien »sehr zurückhaltend«. Bisher habe sich Westerwelle »nicht besonders damit hervorgetan, die Kritiker und Feinde Israels zu verurteilen«. Der »Antisemitismusstreit von 2002« und die Möllemann-Affäre seien »nicht vergessen«. Der FDP-Politiker Jürgen Möllemann hatte in einem von ihm für den Bundestagswahlkampf 2002 finanzierten Flugblatt dem damaligen Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, vorgeworfen, dieser versuche, ihn wegen seiner Kritik an der Politik des seinerzeitigen israelischen Premiers Ariel Scharon als Antisemiten abzustempeln.
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