Der Feuille-Ton ... der Anderen

  • Lesedauer: 2 Min.
Seltsam, dass Suhrkamp noch nicht Ruhrkamp heißt. Komisch auch, dass der Verlag in Berlin sein Quartier aufschlug, statt nach Bochum zu ziehen. Die Feuilletons jedenfalls richten ihren Blick nach Westen – die »Kulturhauptstadt Ruhr« steht auf der Agenda 2010.
ARBEIT, KULTUR

In der »FAZ« bemüht Andreas Rossmann sich beim Betrachten der Essener Eröffnungszeremonie darum, nicht ins Fabulieren zu geraten. Tut es dann aber doch:

»Dass die fulminanten Tänzer witterungsbedingt keine ganz großen Sprünge wagen können, sollte nicht metaphorisch verstanden werden; dass ihre immer noch hochfliegenden Einlagen von Besenschiebern und Salzstreuern vorgesichert werden müssen, aber setzt eine Ruhrgebiets-Devise ins Bild: Erst kommt die Arbeit, dann die Kultur.«

MALOCHER, NETZDESIGNER

Man will das gern so verstehen wie Eckhard Fuhr in der »Welt«: Dem Ende der Arbeit folgt die Kultur.

»Man beschwört hier den Wandel und die Zukunft. Aber man will andererseits keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass die industrielle Vergangenheit die Mentalität der Menschen in dieser Region ein für allemal bestimmt hat und die entscheidende Identitätsquelle ist. Im Ruhrgebiet soll auch ein Netzdesigner ein Malocher sein.«

STAHL, SCHNEE

Stefan Keim ist sich nicht sicher, ob der Wandel glückt. Dank Winter-Tief »Daisy« sei ein Anfang aber gemacht, schreibt er in der »Frankfurter Rundschau«:

»Wenn es in diesem Jahr nicht gelingt, das Fundament für eine Ruhr-Identität zu schaffen, muss man diese Idee wohl begraben. Aber einige erste Schritte sind nun getan. So seltsam es klingt: Schnee schweißt manchmal zusammen.«

VERGANGENHEIT, ZUKUNFT

Johan Schloemann erklärt in der »Süddeutschen Zeitung«, dass es den Menschen auf dem Kulturjahrmarkt »nicht nur um industrielle Vergangenheit und kreative Zukunft« geht, und schon gar nicht um Kultur in einem elitären Sinne. »Es geht um Anerkennung«:

»Denn immer hatte dieser Ballungsraum mit seinen vielen Arbeitern eine dienende Funktion, für das Land, für den Krieg, für die Wirtschaft; kaum einmal wurde die Gegend zwischen Rheinland und Westfalen jenseits von Fußball- und Taubenzüchterklischees um ihrer selbst willen wahrgenommen. Das soll sich jetzt ändern. Und deshalb liegt so viel Hoffnung, so viel Energie, so viel gekränkter Stolz in diesem Großprojekt ›Ruhr.2010‹ – Gefühle, die über das bürgerliche Interesse an den schönen Künsten weit hinausgehen.«

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