Die Märchentante von Schloss Ansbach
Zu den besonderen Parkwanderungen der Karin Mack kommen Kinder wie Erwachsene
Ansbach. Wenn Karin Mack zu ihrer Fantasiereise startet, hat sie überwiegend Erwachsene im Schlepptau. Dem Alltag entfliehen und in bunte Märchenwelten eintauchen – wer sich danach sehnt, ist bei der Ansbacherin mit den blitzenden, listigen Augen richtig. Im fränkischen Ansbach verzaubert sie vor allem mit ihren Märchenwanderungen im örtlichen Schlossgarten, die selbst in Zeiten von Computerspielen auch immer mehr Kinder anlocken.
Zurück in die Kindheit
Rund 30 Erwachsene und Kinder sind es an diesem Nachmittag. Warm eingehüllt in einen weiß geringelten Wollumhang führt Mack sie an versteckte Stellen und beginnt unter alten knorrigen Bäumen das Erzählen: Etwa das Märchen vom Hirtenjungen, der drei knifflige Fragen beantworten muss; dies gelingt ihm natürlich mit Bravour. Am Ende darf er im Schloss bleiben, weil er auf seine Weise die Fragen richtig beantwortet hat.
»Mit diesem Märchen verstehen Kinder, wie man knifflige Situationen lösen kann«, ist die Märchenerzählerin überzeugt. Nicht nur die Kinder lauschen ihren Worten. »Es versetzt mich zurück in meine Kindheit«, sagt Doris Wolfrum, eine der älteren Zuhörerinnen. Ihr gefallen die Märchenspaziergänge, weil sie ihre Fantasie anregen. »Auch Erwachsene müssen träumen können«, findet Elfi Ziegler. Manche Erwachsene erlebten so etwas wie eine Renaissance, stellt Mack immer wieder fest. Denn in vielen Familien sei das Erzählen von Geschichten oder Märchen aus der Mode gekommen.
Erzähl-Schule in Nürnberg
»Immer mehr Menschen interessieren sich wieder für Märchen«, sagt die Ansbacher Märchenerzählerin – eine der wenigen, die von ihrer Kunst lebt. »Es ist eben etwas anderes, Märchen zu erzählen, als nur Geschichten vorzulesen. Erzählen kommt von Herzen.«
Karin Mack beschäftigt sich bereits seit mehr als zehn Jahren mit Märchen. 2001 hat sie eine Ausbildung als Märchenerzählerin bei der Märchenschule in Nürnberg absolviert. Dort lernte sie unter anderem, wie man Märchen deutet, die Symbolik vermittelt und wie man in möglichst originaler Sprache diese Märchen plastisch erzählt. Mit weiteren rund zehn Märchenerzählerinnen hat Karin Mack ein Netzwerk gegründet. Zusammen organisieren sie Märchenspaziergänge in ganz Mittelfranken oder die »Lange Nacht der Märchen«. Ihren Arbeitsalltag aber bestimmen Auftritte in Altenheimen, in Kindergärten oder bei öffentlichen Veranstaltungen. In Seminaren macht sie Pädagogen mit der Kunst des Märchenerzählens vertraut. Der Lohn für die Märchenerzählerinnen ist zu einem großen Teil auch die Dankbarkeit in den Gesichtern der Zuhörer nach einer Märchenstunde.
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