Erste Hilfe aus der Luft

Minihubschrauber liefern Bilder nach Erdbeben

  • Eckart Roloff
  • Lesedauer: 3 Min.

Katastrophen können sich dadurch noch verschlimmern, dass nicht rasch genug bekannt wird, was genau geschehen ist. Wo liegen Schwerverletzte, die gerettet werden könnten, welche Straßen und Brücken sind noch offen, was ist wo zerstört? Nach dem Erdbeben in Haitis Hauptstadt sind viele dieser Fragen offen.

Da lohnt es sich nachzudenken, ob für bebengefährdete Gebiete ein System in Frage kommt, an dem das Karlsruher Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung (IITB) schon seit einigen Jahren arbeitet. Noch ist es nicht serienreif, »aber im Prinzip ist es für solche großen Schäden gedacht und geeignet«, meint IITB-Mitarbeiterin Sibylle Wirth. Als das System bei einer Fachmesse für Feuerwehren und Katastrophenschutz vorgestellt wurde, seien die Experten begeistert gewesen, auch ein Test in Schleswig-Holstein sei gut gelaufen, berichtet die Ingenieurin.

Die Karlsruher Entwicklung besteht aus der Bodenkontrollstation AMFIS (Aufklärung mit Miniatur-Fluggeräten im Sensorverbund) und aus einem Roboter, der an die Unglücksstelle geschafft wird. Über ihm bewegen sich sehr leichte Fluggeräte, auch Fesselballons, die diverse Kameras, Sensoren und Lasermessgeräte mit sich führen; sie werden ferngesteuert. Im Mittelpunkt steht dabei der »Quadrocopter«, so genannt wegen seiner vier Propeller, die das nur ein Kilogramm schwere Fluggerät in der Luft halten. Wenn wie in Port-au-Prince das betroffene Gebiet sehr groß ist, können mehrere Quadrocopter und Bodenstationen eingesetzt werden.

Die Fluggeräte liefern viele Daten und Bilder, die für die Helfer entscheidend sind. Besonders gut ist es, dass sogar Infrarotaufnahmen möglich sind, die die Wärmestrahlung ausnutzen und Verschüttete sichtbar machen, sofern sie nicht zu tief liegen. Das gibt dem Projekt des IITB (das kürzlich zum IOSB, zum Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung fusionierte) weitere Vorteile.

Wichtig ist dabei allerdings, nicht zu viele Daten zu produzieren, meint Projektleiter Thomas Partmann, weil das die Einsatzzentrale überfordern könnte. Nur das ist nützlich, was sie wirklich wissen muss, was sie schnell erkennen und verstehen kann. High-Tech darf für die, die damit umgehen sollen, nicht zu hoch und schwierig sein.

Insgesamt kann Elektronik dieser Art helfen, Einsätze gezielt zu verbessern und Leben zu retten. Doch das geht nicht von heute auf morgen; es bedarf – in der deutschen Forschung und in fernen Regionen – noch der Entwicklung. Sie aber kann einmal Entwicklungshelfern und Katastrophenexperten dienen, wie sie jetzt in den Trümmern von Port-au-Prince so verzweifelt arbeiten. Um das System weiter zu verbessern, tüftelt Thomas Partmann bereits an einem Geruchssensor zum Auffinden noch lebender Opfer. Der hätte gegenüber Spürhunden einen großen Vorteil: Er könnte tagelang im Dienst sein und müsste nicht so oft Pause machen.

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