Mondfinsternis für NASA
US-Haushalt: Verzicht auf Shuttle-Nachfolger
Für die US-Raumfahrtagentur NASA war die vergangene Woche ein tiefer Einschnitt. Denn der von Präsident Barack Obama vorgelegte Haushaltsentwurf sieht bei leichten Erhöhungen für die wissenschaftlichen Missionen die Einstellung des »Constellation«-Programms vor. Das ist für viele Kommentatoren der Verzicht auf eine Führungsrolle der USA in der Raumfahrt. »Constellation«, einst von Amtsvorgänger George W. Bush ins Leben gerufen, sah die bemannte Rückkehr auf den Mond bis 2020 vor. Neun Milliarden US-Dollar hat es bislang gekostet. Experten hielten das Programm dennoch für unterfinanziert. Obama bevorzugt nun, der NASA ein Mandat für die Entwicklung von Technologien für zukünftige Raumfahrtsysteme zu geben. Bemannter und unbemannter Transport in den Weltraum soll ab sofort in die Hände kommerzieller Anbieter gelegt werden. Die NASA darf auf Kosten des Steuerzahlers für die Privatindustrie forschen und entwickeln. Das Ende von »Constellation« lässt die USA nach dem letzten Flug eines Space Shuttle Ende dieses Jahres ohne eigenes Transportmittel für bemannte Raumflüge. Künftig muss die NASA jeden weiteren Start seiner Astronauten einkaufen, sei es bei Russland oder später bei einheimischen kommerziellen Anbietern.
Dem Chef der NASA, Astronaut Charles Bolden, fiel es sichtlich schwer, Fassung zu bewahren, als er einen Tag nach der Verkündung des NASA-Haushaltsplans von Journalisten im National Press Club gefragt wurde, wie die NASA-Arbeiter und Ingenieure mit der neuen Situation fertig werden. Bolden wandte sich etwas vom Mikrofon ab und presste mit tränenerstickter Stimme hervor: »Meine Botschaft für jeden Einzelnen in der Belegschaft ist: Wir werden das durchstehen! Bleib bei uns, wenn Du kannst! Ich selbst bin leidenschaftlich, wenn es um Raumfahrt geht. Es ist mein Leben, genauso, wie es Euer Leben ist. Für jeden, der am ›Constellation‹-Programm gearbeitet hat, ist dies, als wenn man einen Familienangehörigen zu Grabe trägt. Wir müssen diesen Menschen Zeit zur Besinnung geben und wir müssen ihnen Zeit für einen Neuanfang geben. Ich habe eine wunderbare Belegschaft hier in der NASA. Sie alle wissen, was es bedeutet, wenn Programme gestrichen werden. Sie haben das schon öfter erlebt. Wir haben es jedes Mal geschafft, das zu bewältigen und wir haben es jedes Mal geschafft, uns davon zu erholen. Und dann haben wir jedes Mal weiter gemacht und großartige Sachen zu Stande gebracht. Das wird dieses Mal nicht anders sein.«
Die Juniorpartner der NASA, die europäische ESA und die japanische JAXA, hatten seit mehr als einem Jahr auf einen Programmentwurf Barack Obamas gewartet. Sie wollten mit der NASA am »Constellation«-Programm zusammenarbeiten. In Europa und Fernost wird man nun neue Strategien für die zukünftige Exploration von Zielen jenseits der Erdumlaufbahn entwerfen müssen.
Lediglich Russland, China und Indien sind von Obamas NASA-Wirrwarr nicht beeindruckt. Russland ist mit der Errichtung seines neuen Raumfahrtbahnhofs im Fernen Osten gut beschäftigt, Indien bereitet bemannte Raumfahrtmissionen vor und China wird der Welt mit einer neuen Mondmission und zahlreichen bemannten Starts ab 2011 demonstrieren, dass es Potenzial zur neuen globalen Weltraummacht hat.
Nachdem die Menschen in den USA immer ungeduldiger werden, eine Erholung der Wirtschaft zu sehen, könnte es sich als falscher Schachzug erweisen, den Amerikanern auch noch den Traum vom großartigen Amerika, dem Führer im Weltall zu nehmen. War die Raumfahrt einst ein die Nation einendes Thema, könnte sie nun zur weiteren Verschlechterung von Obamas Position beitragen. Jetzt ist es am Kongress, entweder dem Plan des Präsidenten zuzustimmen, oder eigene Vorschläge zu machen. Die Senatoren der Raumfahrtbundesstaaten Florida, Texas und Kalifornien haben bereits erbitterten Widerstand angekündigt. Angesichts der von Bush geerbten exorbitanten Staatsschulden und der kostspieligen Kriege in Irak und Afghanistan sind die finanziellen Spielräume gleichwohl begrenzt.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.