Zeichen stehen auf Volksentscheid

Hamburger Schulstreit: Schwarz-grüner Senat hält an Einführung der sechsjährigen Grundschule fest

  • Guido Sprügel
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch in der sechsten Verhandlungsrunde erzielen der schwarz-grüne Senat und die Reformgegner keine Einigung in der umstrittenen Hamburger Schulreform. Ein Volksentscheid wird immer wahrscheinlicher.

Es war von Beginn an ein zähes Ringen. Nachdem die Initiative »Wir wollen lernen« über 180 000 Unterschriften in einem Volksbegehren gegen die geplante Schulreform des schwarz-grünen Senats gesammelt hatte, sah sich dieser unter Zugzwang. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Bildungssenatorin Christa Goetsch (GAL) baten daraufhin den Versandhauschef Michael Otto um Vermittlungshilfe. Zu groß war der Graben zwischen Reformbefürworter und -gegner. Während der Senat die verbindliche Einführung der Primarschule bis 2012 und damit verbunden ein sechsjähriges gemeinsames Lernen anstrebt, will die Initiative »Wir wollen lernen« um Sprecher Walter Scheuerl eigentlich den Status quo beibehalten. Die Initiative plädierte nur für eine modellhafte und freiwillige Einführung der Primarschule. Eine Evaluierung durch eine Expertenkommission sollte dann nach drei Jahren die Qualität der Starterschulen prüfen. Zu spät für die Koalition, denn diese will das Vorzeigeprojekt vor den nächsten Bürgerschaftswahlen unter Dach und Fach wissen. Denn bei wechselnden Mehrheiten wäre die Primarschule mitunter gänzlich zum Untergang verurteilt.

Umstritten war von Beginn an auch die geplante Abschaffung des Elternwahlrechts nach der sechsten Klasse. Nach den Plänen des Senats sollen in Zukunft die Lehrer eine Empfehlung aussprechen. Doch bei diesem Punkt zeigte sich der Senat von Beginn an offen für Veränderungen. Nicht so jedoch bei dem Zeitplan für die Einführung der Primarschule. In den fünf vorangegangenen Verhandlungsrunden gelang es Michael Otto nicht, die Kontrahenten zu einem tragfähigen Kompromiss zu bewegen. Die vorerst letzte Verhandlungsrunde platzte am Mittwoch. Bereits um 11.45 Uhr teilte Otto mit, die Gespräche seien »ausgesetzt« und der Volksentscheid werde »wahrscheinlich kommen«. Wenig später erklärte auch Rechtsanwalt Scheuerl erklärt das Scheitern der Gespräche. Der Senat sei dafür verantwortlich, so Scheuerl, seine Initiative setze auf »Qualität statt Eile«. Christa Goetsch und Ole von Beust zeigten sich kurz darauf auf einer eigenen Pressekonferenz »tief enttäuscht« über den Verlauf der Gespräche. Für Goetsch hat »die Initiative die Gespräche abgebrochen!«.

Nun scheint alles auf einen verbindlichen Volksentscheid im Sommer hinauszulaufen. Der von vielen Seiten geforderte »Schulfrieden« könnte damit zunächst dem Reich der Träume angehören. Zwar zeigte sich Scheuerl prinzipiell weiter gesprächsbereit, jedoch nur, wenn der »Senat sich bei der Zeitschiene bewegt«. Das dürfte nach den bisherigen Erfahrungen unrealistisch sein. Für die Koalition scheint ein Volksentscheid mittlerweile wohl auch die erste Wahl zu sein. Christa Goetsch gab sich auf im Interview mit dem »Abendblatt« kämpferisch und betonte, sie sei »zuversichtlich, dass wir den Volksentscheid gewinnen werden«. Quasi als Vorbereitung für den Entscheid kann man den Plan des Senats werten, in den nächsten Wochen im Schulgesetz in Punkto Elternwahlrecht nachzubessern. Das dürfte die Chancen für die Reform zumindest ein Stück weit erhöhen.

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