Werbung

Befreiungsschlag

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.

Nun werden sie wieder alle ihren Respekt bekunden. Die, denen die couragierte Bischöfin mit ihrer Erdung im ganz normalen Leben ohnehin suspekt war. Und die, denen sie gerade deshalb eine Hoffnung war. Vor dem Abschiedsrespekt von Freund wie Feind kann sich keiner schützen. Wohl aber vor Häme, Argwohn, halbherzigen Vertrauensbekundungen – und Kamerabelagerungen rund um die Uhr. Gerade weil Margot Käßmann nicht jenseits alles Irdischen lebt, ist sie gestern zurückgetreten. Hat einen Befreiungsschlag versucht, der ihrer Kirche nützen soll, sie aber nicht von Selbstvorwürfen befreit. Denn die EKD-Vorsitzende weiß freilich, dass Alkohol am Steuer keine Kleinigkeit ist. Nicht für Normalsterbliche. Und schon gar nicht für jemanden, der von Amts wegen immer und überall als moralische Instanz zu gelten hat, Vergebung zwar alle Tage predigen, aber offenbar nicht empfangen darf. Das mag Käßmann bitter beklagen, aber die Spielregeln sind ihr nicht neu. Und auch nicht, dass die Scheinheiligkeit hierzulande allgegenwärtig ist. Da ein käuflicher Ministerpräsident mit Ambitionen zum Arbeiterführer, dort eine gekaufte Partei mit Getöse über die geistig-politische Wende... Landauf landab wird in Staatskanzleien und Konzernzentralen, Banken- und Parteivorständen Wasser gepredigt und Wein getrunken – und weitergemacht, als sei nichts geschehen. Dem hat sich Käßmann verweigert, ihre Selbstachtung bewahrt und damit ehrlichen Respekt verdient.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -