- Politik
- Personalie
Unversöhnt
Beate Klarsfeld / Die »Nazi-Jägerin« erhält nicht das Bundesverdienstkreuz
Im ND-Interview konstatierte Beate Klarsfeld vor knapp einem Jahr, offenbar müsse sie erst alt werden, um in Deutschland ausgezeichnet zu werden. Die 70-Jährige war soeben zum dritten Mal für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen worden. Der Antrag, vorgebracht von der LINKEN, scheiterte – ebenso wie zwei frühere Versuche – dieser Tage. Guido Westerwelle, als Außenminister zuständig für im Ausland lebende Deutsche, lehnte ihn ohne Begründung ab.
Lange suchen muss man nach Gründen allerdings nicht. Unversöhnlichkeit findet selten ein versöhnliches Echo – nicht bei politischen Parteien, selbst wenn diese sich mit einer christlichen Autorisierung versehen haben. Die CDU wird Beate Klarsfeld wohl nie verzeihen, dass sie einst Georg Kiesinger ohrfeigte, den Kanzler, dessen NSDAP-Vergangenheit sie zu der unerhörten und sorgfältig eingefädelten Tat trieb. Westerwelle darf deshalb als scheinliberaler Vollstrecker des Willens des CDU-Koalitionspartners gelten.
Auf einen Schlag war Klarsfeld berühmt bei den einen und berüchtigt bei den anderen, Kiesinger aber konnte sich von nun an nirgendwo sicher sein, dass ihr Satz ihn nicht aus vielfachen Studentenkehlen überrollte: »Nazi, tritt zurück«. Seit 1968, dem Jahr der Ohrfeige, hat Beate Klarsfeld nicht aufgehört, ihrer Mission zu folgen, die einstigen Täter aufzuspüren und der Öffentlichkeit auszuliefern, um den Boden zu bereiten für den zweiten Schritt, das Urteil durch die Justiz.
Unter dem Einfluss ihres Mannes Serge, dessen jüdischer Vater in Auschwitz ums Leben kam, wurde sie zur »Nazijägerin« – respektvolle wie zugleich furchtsame Titulierung der Medien, die sie mit gemischten Gefühlen und Kommentaren begleiteten. Als rastlose Reisende waren die Klarsfelds, eigentlich in Frankreich lebend, auf den Spuren einstiger Nazi-Kriegsverbrecher, legten die Spuren bloß, die die einstigen Täter zu verwischen suchten: Kurt Lischka, Alois Brunner, Klaus Barbie und andere. Nicht selten überschritten sie dabei die Grenze dessen, was als politisch opportun galt. Entführungsversuche, Schläge ... In der DDR suchten sie nach Verbündeten für ihre Mission wie beim israelischen Geheimdienst. Manches davon schädigt offenbar bis heute ihren Ruf.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.