Das Geschenk des Prinzen
Kollwitz-Museum in Moritzburg wird ausgebaut
Auf Veranlassung des Prinzen Ernst Heinrich von Wettin, der als Kunstfreund und Grafiksammler die Künstlerin schätzte, bezog die 77-jährige Käthe Kollwitz am 20. Juli 1944 zwei kleine Zimmer im Obergeschoss des maßvollen Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert. Da die steile Stiege für sie nicht mehr zu bewältigen war, blieb diese Kemenate ihr Aufenthalt bis zum Tod am 22. April 1945. Sie war eingerichtet mit Möbeln aus dem königlich-sächsischen Depot.
Der Prinz ließ einen Balkon errichten, von dem der Blick über den Schlossteich schweifen konnte, in Richtung der kleinen baumbestandenen Insel mit dem Pavillon. Zu den wenigen authentischen Gegenständen, die hier noch zu sehen sind, gehört eine Goethemaske, die Käthe Kollwiitz »zur Orientierung« aufstellte.
In einer Vitrine liegen ein Buch mit eigenhändigen Aufzeichnungen und ihr Lieblingsschmuck, eine Bernsteinbrosche. Fast wie ein kleiner Altar beherrscht der Nachttisch als einziges verbliebenes Möbelstück der damaligen Einrichtung das Zimmer. Zwei ihrer Kleinplastiken, die bis zuletzt um die Künstlerin waren, stehen hinter Glas.
Im Museum neu eingerichtet wurde eine dezente Hörstation im Raum mit der Grafikfolge »Krieg«. Tagebuchaufzeichnungen aus den Wochen vom Ausbruch des Krieges 1914 bis zum Verlust des Sohnes in Belgien bringen ein einschneidendes Erlebnis, eine Wende im Leben und Schaffen der Künstlerin nahe.
In zwei ebenfalls kürzlich neu angebrachten Schubladen kann die langwierige Vorgeschichte der Einrichtung des Museums verfolgt werden. Der Beschluss aus dem Jahr 1945 sah sogar ein Stipendium für mittellose Kunststudenten vor. Obwohl zwei Jahre später die Künstlerin Lea Grundig dringlich die Umsetzung der Gedenkstätte anmahnte, wurde dieser Gedanke erst in den sechziger Jahren wieder aufgenommen. Beabsichtigt war, im Geiste der Künstlerin einen »Ausgangspunkt unseres heutigen künstlerisch-kulturpolitischen Schaffens zu gestalten«. Im Jahr 1959 schenkte der Sohn Hans Kollwitz dem Museum Barockschloss Moritzburg, wo seit 1955 eine kleine Ausstellung an den Aufenthalt der Künstlerin erinnerte, eine Auswahl von Grafiken. 1985 fand dort ein Kollwitz-Symposium unter Beteiligung der Akademie der Künste der DDR statt, die seit 1960 den Käthe-Kollwitz-Preis vergab. Die Einrichtung eines Museums im Rüdenhof rückte immerhin näher.
Nach der Wende wurde der Rüdenhof durch ehrenamtliche Engagement erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich. 1994 endlich wurde die 1945 avisierte Stiftung gegründet. Der schlechte Zustand des Baudenkmals rief die Deutsche Stiftung Denkmalschutz auf den Plan. Im Jahr 1995, zum 50. Todestag der Künstlerin, konnte das Museum eröffnet werden. Die Kreissparkasse Köln bestreitet einen jährlichen Kostenzuschuss zu seiner Bewirtschaftung. Dieser kommt aus Eintrittsgeldern des bis dahin frei zugänglichen Kollwitz-Museums Köln.
Im Erdgeschoss des Rüdenhofes steht ein Flügel. Hier finden Lesungen und Konzerte statt. An einer kleinen Tiefdruckpresse lernen Kinder und Jugendliche die Radiertechnik von der praktischen Seite kennen. Die vielfältigen und subtilen Blätter des Weber-Zyklus' und viele weitere Radierungen aus der Zeit um 1900, in denen sich die Kollwitz als eine Virtuosin der Technik offenbart, stehen im Haus stets vor Augen. Personalausstellungen von Kollwitz-Preisträgern (Curt Querner, Gerhard Kettner, Arno Mohr, Elisabeth Shaw, Claus Weidensdorfer, Harald Metzkes, Wieland Förster) und des künstlerischen Nachwuchses bestimmen das Programm der Wechselausstellungen im Kollwitz-Haus in Moritzburg.
Stiftung Käthe Kollwitz Haus, Meißner Straße 7, 01468 Moritzburg; geöffnet von April bis Oktober Mo-Fr 11-17 Uhr, Sa-So 10-17 Uhr und November bis März Di-Fr 12-16 Uhr, Sa-So 11-16 Uhr
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