»Ich habe beim Schreiben gelitten«
Mit »Vatikan AG« brachte der Journalist Gianluigi Nuzzi Papst Benedikt XVI. in Bewegung
ND: Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zur katholischen Kirche?
Nuzzi: Ich bin ein optimistischer Katholik und ich habe beim Schreiben dieses Buches absolut gelitten – als Mensch, als Christ, ganz einfach, weil ich den Glauben achte. Worauf es ankommt, ist Transparenz. Die tatsächliche Bilanz des IOR, also der Vatikanbank, ist nach wie vor völlig geheim. Man muss bedenken, dass der Reingewinn des IOR direkt in die Verfügbarkeit des Papstes fällt. Aber faktisch ist es so, dass wir über 90 Prozent der finanziellen Tätigkeiten des Vatikans überhaupt nichts wissen.
Welche Mitschuld trägt Papst Johannes Paul II. an den illegalen Geschäften der Vatikanbank?
Johannes Paul II. wurde erst aktiv, als von außen durch die Staatsanwaltschaft die Dinge in Fluss kamen und die Ermittler sozusagen an die bronzenen Tore des Vatikans klopften. Aber der Papst war sicherlich kein Komplize. Man muss ja bedenken, dass diese obskuren Geschäfte gut verschleiert wurden, so gut, dass sie auch Leuten, die es von ihrer Funktion her wirklich hätten wissen müssen, entgangen sind.
Hat sich das unter Papst Benedikt XVI. geändert?
Nach Erscheinen meines Buches in Italien hat Benedikt im Herbst 2009 IOR-Präsident Angelo Caloia anderthalb Jahre vor Auslaufen seines Mandats in den Ruhestand geschickt. Der Vatikanstaat schloss ein Währungsabkommen mit der Europäischen Zentralbank, das unter anderem vorsieht, dass der Vatikan die Geldwäschebestimmungen der EZB übernimmt. Allerdings kann das IOR weiter eine eigene Rechtsetzung verfügen. Es ist also nicht sicher, dass die Vatikanbank diese Geldwäschebestimmungen auch tatsächlich anwendet.
Interview: Ingolf Bossenz
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