Das Auf und Ab der Ostermärsche
Ablehnung des Afghanistankriegs manifestiert sich nicht auf der Straße
In der 50-jährigen Geschichte des Ostermarschs demonstrierten teils Hunderttausende, in anderen Jahren fanden gar keine Ostermärsche statt. Zuletzt ist die Zahl der Ostermärsche und der Teilnehmer weitgehend konstant geblieben.
Der Tod dreier Bundeswehrsoldaten bei Kundus an Karfreitag ist ein Ereignis, das in der deutschen Bevölkerung die Ablehnung des Bundeswehreinsatzes anwachsen lässt. Die für alle erfahrbare Eskalation am Hindukusch hat sich jedoch nicht auf die diesjährigen Ostermärsche ausgewirkt.
Ohnehin findet die mehrheitliche Ablehnung des Afghanistankrieges keinen entsprechenden Ausdruck auf der Straße. Mit diesem internationalen Phänomen sehen sich auch die Friedensbewegungen in Frankreich, Kanada und den USA konfrontiert. In Berlin nahm die Teilnehmerzahl der Friedensdemonstrationen »Bundeswehr raus auf Afghanistan« anlässlich der Bundestagsdebatte zur Mandatsverlängerung von Jahr zu Jahr ab. Im Februar dieses Jahres kamen nur noch 3000 Menschen – peinlich für eine bundesweite Mobilisierung. Im Jahr 2003, vor dem drohenden Irakkrieg, waren 500 000 Menschen in Berlin auf der Straße. Diese Zahlen illustrieren die Wellenförmigkeit sozialer Bewegungen. Sie sprechen aber auch dafür, dass sich Menschen eher mobilisieren lassen, wenn Entscheidungen noch nicht getroffen sind und die Chance besteht, neue Kriege oder – wie in der Kyritz-Ruppiner Heide – einen Bombenabwurfplatz zu verhindern.
Ostermärsche finden nicht nur in Großstädten statt, sondern auch in Regionen, wo Menschen mit Einrichtungen von Militär und Atomindustrie konfrontiert sind: in Gorleben, in Gronau an der Urananreicherungsanlage und in Büchel, wo Atomwaffen lagern. Der Ostermarsch durch das Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide war auch in diesem Jahr wieder der größte. Dort sind die Proteste unmittelbar mit dem Alltag der Menschen verknüpft, was zu der Stärke der Friedensmanifestation beiträgt.
Trotz stagnierender Teilnehmerzahlen hebt das Netzwerk Friedenskooperative hervor, dass die Demonstrationen am Osterwochenende an politischer Relevanz gewonnen haben. Zahlreiche Politiker, darunter Thorsten Schäfer-Gümbel und Heidemarie Wieczorek-Zeul (beide SPD), haben sich in diesem Jahr positiv auf die Ostermärsche bezogen, stellt Christian Golla von der Friedenskooperative in Bonn fest. Die über 80 Kundgebungen, Mahnwachen und Demonstrationen mit mehreren Zehntausend Teilnehmern hätten gezeigt: »Wir sind immer noch da.«
Die kontinuierlich arbeitenden, aktiven Kerne der Friedensbewegung sind eine wichtige Grundlage, um bei Bedarf auch spontan handlungsfähig zu sein. Andererseits sind die Ostermärsche zu einer institutionellen Protestform geworden: mit zentralem Ostermarschbüro und standardisiertem Ablauf. Die prominenten Redner verlieren sich oft in Allgemeinplätzen und kommen nicht über Appelle an die Herrschenden hinaus.
In diesem Jahr wurden erstmals die Strategien der Bundeswehr zur Akzeptanzgewinnung und zur Rekrutierung in Schulen breiter thematisiert und damit ein Thema aufgegriffen, das antimilitaristische Gruppen seit einigen Jahren mit kleineren Aktionen skandalisieren. Derartige Aktivitäten, die versuchen, die Bundeswehr im öffentlichen Raum zu stören, haben in jüngster Vergangenheit deutlich zugenommen.
Christine Buchholz, Bundestagsabgeordnete der LINKEN und in der Friedensbewegung aktiv, sieht deshalb eine Notwendigkeit, dieses attraktive Aktionsfeld aufzugreifen und zu den oftmals jüngeren Aktivisten Verbindungen zu knüpfen – Verbindungen, die es mit der Anti-AKW-Bewegung bereits gibt.
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