»Nichts in der Liga zu suchen«

Michael Kempter: Viel Lob bei Comeback

In der Dritten Liga gibt es weiß Gott ungastlichere Orte als Sandhausen. Der SV von 1916 versucht sich im Schatten der 25 Kilometer entfernten TSG Hoffenheim eine Nische einzurichten. Bei den Anhängern handelt es sich um das Familienpublikum, das an anderen Standorten erst noch geworben werden muss.

Ortskundige wunderte es deshalb nicht, dass das Städtchen für das Comeback von Schiedsrichter Michael Kempter ausgewählt worden war. Als der 27-Jährige nach 92 Minuten das Spiel gegen Holstein Kiel (1:1) abpfiff und zur Kabine schritt, klatschte die Haupttribüne im Hardtwaldstadion. Den Test, wie das deutsche Fußballpublikum reagieren würde, nachdem so viel Privates öffentlich wurde, hatte das Kurpfälzer Publikum auch zuvor bestanden. Pöbeleien blieben aus, Zuschauer bekundeten, wie »tolerant« und »liberal« sie seien. Das waren die Antworten, die die Journalisten hören wollten. Die Zuschauer verhielten sich aber auch genau so. In der Presserunde, bei der die Presse keine Fragen stellen durfte, betonte Kempter, wie sehr er sich über den wohlwollenden Empfang gefreut habe.

Freitagnachmittag war bekannt geworden, dass er wieder eine Pflichtspielpartie leiten würde. Das sei keine außergewöhnlich kurzfristige Ansetzung, betonte DFB-Emissär Stephan Brause. Um Wettmanipulationen zu erschweren, setze man die Referees so kurzfristig an. Michael Kempter habe man geraten, vor dem Spiel freundlich, aber wortlos an den Journalisten vorbeizugehen. Doch die Angst vor anzüglichen Fragen war ebenso unbegründet wie die Furcht, Manfred Amerell könne persönlich vorbeikommen (weshalb ein Bodyguard engagiert worden war) oder die Sorge, das Publikum könne Schmähtransparente hissen. Auch fachlich gesehen hätte sich der Referee kaum eine dankbarere Partie wünschen können.

Auch als nach dem Seitenwechsel der Unmut über das Heimteam hochkochte, blieb Kempter souverän. »Ich hoffe, dass er noch oft Dritte Liga pfeift«, flachste Kiels Trainer Christian Wück nach dem 1:1-Endstand. Und wollte das als Kompliment verstanden wissen: »Er hat gezeigt, dass er nichts in der Liga zu suchen hat, sondern die Qualität für die erste Liga hat.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -