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DEFA & Berlinale
Nicht nur für Filmbegeisterte und nicht nur für Historiker, für Experten deutsch-deutscher Beziehungen: »Zwischen uns die Mauer – DEFA-Filme auf der Berlinale« ist ein Buch, das helfen kann zu verstehen, warum noch heute, im 20. Jahr der Wiedervereinigung, vieles trennt. Lebensentwürfe wahrzunehmen und einer Prüfung zu unterziehen – im Hinblick auf den eigenen. »Die Kinder von Golzow« beispielsweise, die elf Mal im Internationalen Forum der Berlinale vertreten waren: Die Geschichte dieses weltweit einmaligen Filmprojekts erzählt Winfried Junge. Spannend lesen sich seine mit schönster Lebendigkeit geschriebenen weitgreifenden Erinnerungen.
Großes Plus: die Authentizität. Sie vermittelt sich zum Einen in Einzelbeiträgen. Für die konnten u.a. der derzeitige Festivaldirektor Dieter Kosslick und sein Vorgänger, der langjährige Diplomat zwischen den Fronten Moritz de Hadeln, gewonnen werden. Autoren sind der auf wieder andere Weise diplomatiegenötigte »Filmminister« der DDR Horst Pehnert sowie Dieter Wolf, DEFA-Dramaturg, die Schauspielerinnen Katrin Sass (»Bürgschaft für ein Jahr«) und Renate Krößner (»Solo Sunny«). Zum Anderen kommen Beteiligte in Interviews zu Wort. Progress-Direktor und Buch-Herausgeber Jürgen Haase führte sie.
So mit Heinz Kersten beispielsweise, der mehrere Jahrzehnte für Presse und Rundfunk der BRD das Filmschaffen in der DDR begleitete. Seit der Wende ist er auch Autor des Neuen Deutschland. Er schildert, wie er – als Journalist zugleich eine Figur im Beziehungs-Poker – manchmal zwischen den Stühlen saß: »Die Redaktion sah mich als Hofberichterstatter der DDR und die Betonköpfe in Ostberlin als die Stimme des Klassenfeindes.« Und des »Klassenfeindes« Wort hatte Folgen, nämlich – so tief ging die Verbissenheit im Kalten Krieg –, dass sein Lob, also eins aus dem Westen, die aus eingefleischtem Argwohn geborene Schelte für die so Gelobten nach sich zog.
Rainer Simon, der mit »Die Frau und der Fremde« den Goldenen Bären bekam, schildert seine Erlebnisse und Erfahrungen, die pars pro toto für die restriktive Kulturpolitik in der DDR stehen, aber auch für die heutige Filmpolitik, in der Meister ihres Fachs wie Anfänger dem Mammon gehorchen müssen. Erika Richter, einst DEFA-Dramaturgin, kommt zu Wort, Klaus-Dieter Felsmann, der ausgewiesene Kenner des Kinderfilms, Forum-»Mutter« und -»Vater« Erika und Ulrich Gregor und andere.
Der handliche, sorgfältig edierte und gut gestaltete Band, der sein Erscheinen dem 60. Berlinale-Jubiläum verdankt, war nicht die einzige Publikation zu diesem Anlass. Was aber dieses Buch besonders macht, ist die Spannweite des Horizonts und die Nähe des Blicks auf die schwierige Beziehung zwischen den beiden Hälften Deutschlands bis 1990 auf kulturellem Gebiet. Die beiden Staaten, und als politischer Sonderfall Westberlin, hatten als Brückenpfeiler der beiden Gesellschaftssysteme keine Souveränität über die Gestaltung ihres Verhältnisses. Wie sich dennoch unterm Damoklesschwert Konfrontation wechselseitiges Annähern ergab, in persönlicher und dadurch ermöglichter kulturpolitischer Hinsicht, das veranschaulichen die allesamt hochinteressanten Beiträge, zu denen auch das Interview mit Heinz Eilers gehört (Innerdeutsches Ministerium 1976-1984 und 1985-1990, Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der BRD in Berlin).
Notiz am Rande: Ein wenig Gefühl für den Unterschied zwischen geschriebenem, d.h. gedrucktem Wort und gesprochener Sprache im eiligen Gespräch hätten manchem Interview gutgetan. Aus Saloppheit im Verbalen wird schnell auf Unseriosität im Faktischen geschlossen.
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