Kuba gibt Barbieren mehr Spielraum
Friseursalons dürfen privat betrieben werden
Es ist kein Novum, aber schon geraume Zeit her. Zuletzt konnten 1968 Friseurläden und Schönheitssalons in Kuba privat betrieben werden. Eine begrenzte Privatisierung der bisherigen Staatsbetriebe wurde nun in die Wege geleitet. Die neue Politik gilt zunächst für Läden mit bis zu drei Sitzplätzen, betrifft allerdings noch nicht alle Betriebe. In Havanna wird mit der Privatisierung beispielsweise zunächst in zwei von 15 Bezirken »experimentiert«. 15 Prozent des durchschnittlichen Monatsgewinns sind an den Staat abzuführen; eingeschlossen darin sind die Miete für Laden und Ausstattung und Sozialabgaben, hinzu kommen Kosten für Strom, Wasser und Telefon. Schätzungen gehen von umgerechnet 25 bis 45 Euro monatlicher Abgabe aus. Das klingt zunächst nicht nach viel, bei einem durchschnittlichen Monatslohn von 12 bis 15 Euro ist es aber doch eine gute Stange Geld.
Den Betreibern steht es frei, Arbeitszeiten und Preise festzulegen. Unter der Hand war dies jedoch schon bisher weit verbreitete Praxis. In staatlichen Läden kostet ein Haarschnitt umgerechnet vier Cent (einen Peso), viele Kunden lassen in der Regel aber das Fünf- bis Zehnfache als Trinkgeld da.
Nach dem Vorbild Chinas oder Vietnams versucht Kubas Regierung, vorsichtige Marktreformen einzuführen. Mehr als 90 Prozent der Wirtschaft sind jedoch unter staatlicher Kontrolle. Der Einbruch des Weltmarktpreises für Nickel, Kubas wichtigsten Exportrohstoff, und der Rückgang der Überweisungen von Exilkubanern wegen der Weltwirtschaftskrise, rückläufige Einnahmen aus dem Tourismus und die immensen Hurrikanschäden haben Kubas Haushalt arg gebeutelt. Ein großes Problem bleiben auch Ineffektivität und Korruption. So gibt es immer wieder Beschwerden über schlechten Service, Unterschlagung und Diebstahl in Staatsbetrieben. Die kubanische Führung und die Medien haben das Thema mehrfach aufgegriffen.
In seiner Abschlussrede auf dem IX. Kongress des Kommunistischen Jugendverbandes (UJC) am 4. April kündigte Raúl Castro weitere vorsichtige Reformen an. Die Stabilität und der Erhalt des Sozialsystems hingen davon ab. In den Staatsbetrieben existierten mehr als eine Million Arbeitsplätze zu viel, erklärte der Präsident. Zugleich bremste er: Angesichts der »Tiefe und Komplexität« der sozialen Faktoren seien abrupte Reformen nicht möglich. Doch müssten »Dogmen beseitigt« und das ökonomische Modell aktualisiert werden.
Bereits zu seinem Amtsantritt hatte Raúl Castro ökonomische Veränderungen angekündigt. Zwecks Ankurbelung der landwirtschaftlichen Produktion wurde ungenutztes Land an Bauern und Kooperativen verpachtet. Darüber hinaus räumte die Regierung mit Verboten auf. Kubaner dürfen inzwischen Mobiltelefonverträge abschließen, in bisher Touristen vorbehaltenen Hotels übernachten und Autos mieten. Beschränkungen für den Verkauf von Haushaltsgeräten, DVD-Playern und Computern wurden aufgehoben.
Vielen Kubanern geht es jedoch zu schleppend voran. Zumal andere Reformen, zum Beispiel die 1993 erteilten Genehmigungen zum »Wirtschaften auf eigene Rechnung« für Taxifahrer, Imbissverkäufer oder Fahrradmechaniker, wieder eingeschränkt oder rückgängig gemacht wurden.
Mit den neuen Maßnahmen, die weder offiziell angekündigt noch in der Presse erwähnt worden waren, versucht die Regierung, den staatlichen Einzelhandels- und Dienstleistungssektor zu reformieren, Kosten zu senken, Eigeninitiative zu stärken und die Produktivität zu erhöhen.
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