Bundesrat auf Konfrontationskurs
Blockadedrohungen und Änderungsanträge: Länder hoffen auf Zugeständnisse der schwarz-gelben Koalition
In der heutigen Bundesratssitzung werden zahlreiche Konflikte, die derzeit zwischen Bund und Ländern bestehen, zur Sprache kommen. Erster Streitpunkt ist die von Schwarz-Gelb beschlossene Absenkung der Solarförderung um bis zu 16 Prozent. Das ist vor allem den SPD-geführten Länder zu viel, die hier gegebenenfalls den Vermittlungsausschuss anrufen wollen. Doch trotz der Wahlniederlage von CDU und FDP in Nordrheinwestfalen besteht in der Länderkammer noch eine schwarz-gelbe Mehrheit, da das Land erst nach Abschluss der Regierungsbildung seine Bundesmandate neu besetzt.
Nach zähen Verhandlungen kommt nun die Jobcenter-Reform in den Bundesrat. Die Reform wird durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nötig, das in der Organisation der Jobcenter eine grundgesetzwidrige Form der Mischverwaltung erkannt hat. Die Bundesregierung steht unter Zeitdruck, da Karlsruhe hier eine Frist bis Ende 2010 setzt und weil sie hier – anders als bei der Solarförderung – auf die explizite Zustimmung der Länder angewiesen ist. Nun will der Bund die Zusammenarbeit von Kommunen und Bundesagentur für das Zusammenwirken in den Jobcentern verfassungsrechtlich absichern. Außerdem soll eine erhöhte Anzahl so genannter Optionskommunen ermöglicht werden. Auch wenn es der Kanzlerin gelungen ist, die SPD in die Reform einzubinden, haben die Ausschüsse der Länderkammer insgesamt 37 Änderungswünsche formuliert. Die Kuh ist noch nicht vom Eis. Der Bundestag ist am Zuge. Für die LINKE ist die Ausweitung der Optionskommunen ein ernster Grund, sich gegen die Reform zu stellen. Für die Partei sind die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Arbeitsförderung gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die nicht auf die Kommunen abgewälzt werden dürfen.
Auf die Stimmen der Länderkammer ist der Bund auch bei der geplanten BAföG-Erhöhung und beim neuen nationalen Stipendienprogramm angewiesen. Der Finanzausschuss der Länderkammer drängt auf Ablehnung beider Regierungsvorlagen. Zuvor hatte sich eine Mehrheit der Länderfinanzminister aufgrund der verheerenden Steuerausfälle gegen BAföG-Erhöhung und Stipendien ausgesprochen. Damit würde die geplante zweiprozentige BAföG-Erhöhung und die Einführung monatlicher Stipendien von 300 Euro ausfallen. Bis 2013 sollen bis zu 8 Prozent der Studierenden mit dem neuen Programm gefördert werden. Bund und Länder sollen die Hälfte der Kosten tragen, die andere soll durch private Geldgeber wie Unternehmen, Stiftungen oder Wirtschaftsverbände übernommen werden. Studierendenvertreter und die LINKE kritisieren, dass Bund und Länder hier Geld in die Hand nehmen, das für eine Erhöhung und Ausdehnung des BAföGs besser verwendet wäre. Das rot-rot regierte Berlin will heute beantragen, dass die Länderkammer den Bundestag auffordert, das Geld, welches für das Stipendienprogramm vorgesehen ist, zur Aufstockung der BAföG-Fördersätze und zur Erhöhung der Zahl der geförderten Studierenden umzuwidmen.
Das CDU-geführte Schleswig-Holstein hat bereits angekündigt, überhaupt keinen zusätzlichen Geldleistungsgesetzen mehr zustimmen zu wollen, wenn der Bund für die von Steuerausfällen geplagten Länder keinen Ausgleich schafft. Hintergrund der nordischen Veto-Drohung sind die Bemühungen der Bundesregierung, ihren Haushalt auch auf Kosten der Länder zu sanieren. Den Ländern und gerade auch denen mit Ministerpräsidenten der Union, ist hier das Hemd näher als die Hose. Und so blockieren sie beim BAföG, damit ihnen der Bund an anderer Stelle – etwa bei den Wohnkosten der Hartz-IV-Empfänger – entgegenkommt.
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