Basisdemokratische Welle?

NRW-CDU setzt auf mehr innerparteiliche Demokratie

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Gestern fand die erste von acht Basiskonferenzen statt, auf denen die NRW-CDU debattiert, wer ihr künftiger Landeschef werden soll: Ex-Landesminister Armin Laschet oder Bundesumweltminister Norbert Röttgen.

Sie befragt die Mitgliedschaft: Wer soll der neue Landesvorsitzende werden? Sie verteilt die drei wichtigsten Posten, den Landes-, den Fraktions- und den Vize-Bundes-Vorsitz auf mehr als zwei Schultern. Ade, starker Mann! Sie verschickt Leitanträge an die Basis, zwecks breiter Diskussion der künftigen Schulpolitik. Sie debattiert mit den Parteifreunden vor Ort auf »Basiskonferenzen« ... Bei der CDU Nordrhein-Westfalens scheint die Basisdemokratie ausgebrochen zu sein.

»Das ist wunderbar«, freut sich Sven Lehmann, der Vorsitzende der NRW-Grünen über »das Ende der Kungelrunden und den Einzug der Basisdemokratie«. Sofern die Mitgliederbefragung über den Landesvorsitz ein allzu knappes Ergebnis liefere, empfiehlt Lehmann der CDU eine Doppelspitze.

Auch Wolfgang Zimmermann begrüßt die Entwicklung, wenn auch mit dezent ironischem Unterton: »Ich freue mich, wenn jetzt auch andere Parteien erkennen, wie wichtig es ist, die Mitglieder in Entscheidungsprozesse einzubeziehen«, so der Vorsitzende der Linksfraktion im NRW-Landtag. Es bleibe jedoch abzuwarten, ob es sich um ein tatsächliches Umdenken handele – oder eine »kurze basisdemokratische Episode«, die aus der Wahlschlappe im Mai 2010 resultiere.

Gestern Abend (nach Redaktionsschluss) fand die erste der acht Basiskonferenzen statt. In der Stadthalle von Münster-Hiltrup trafen sich die beiden Kandidaten für den Landesvorsitz zum »Duell« (»Rheinische Post«), hielten ihre ersten Bewerbungsreden: Armin Laschet, Ex-Landesminister für Integration und Favorit von Fraktionschef Karl-Josef Laumann, und Generalsekretär Andreas Krautscheid einerseits, andererseits Norbert Röttgen, Bundesumweltminister, Merkel-Vertrauter und für viele ein potenzieller Bundeskanzler.

Über 600 CDUler hatten sich kurzfristig angemeldet. Weitere Konferenzen in allen CDU-Bezirken des einwohnerreichsten Bundeslandes folgen bis zum 25. September. Am 31. Oktober wird das Ergebnis einer schriftlichen Mitgliederbefragung vorliegen, die für den Wahlparteitag am 6. November faktisch bindend sein wird. Vakant wird der Landesvorsitz, weil Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nach der Landtagswahlschlappe vor vier Monaten nicht wieder kandieren wird.

Laschet wie Röttgen gelten als eher liberal und als »Modernisierer«, was den stockkonservativen CDU-Westfalen nicht gefallen wird. Schon spekuliert die konservative »Rheinische Post« über eine »anhaltende Sehnsucht in der Landespartei nach einer ganz anderen Nummer eins«, nämlich nach dem Parteirechten Friedrich Merz.

Beide potenziellen Rüttgers-Nachfolger sind der Option Schwarz-Grün nicht abgeneigt. Doch: »Weder Laschet noch Röttgen ist ein verkappter Grüner«, widerspricht Monika Düker gegenüber ND anderslautenden Gerüchten. Die grüne Landesvorsitzende moniert, dass Röttgen in der Atomdebatte Laufzeitverlängerungen mitträgt. Laschet habe sich in der Integrationspolitik verbal grüner Programmatik angenähert. Gleichwohl sei seine Bilanz nach fünf Minister-Jahren »dürftig«.

Turnusgemäß wird die nächste Landtagswahl im Jahr 2015 stattfinden. Doch würden derzeit nicht all zu viele Beobachter darauf wetten, dass die rot-grüne Minderheitsregierung bis dahin durchhält. Der CDU-Landesvorsitzende ist der natürliche Anwärter für die Funktion des Spitzenkandidaten bei einer (vorgezogenen) Landtagswahl. Seinen Willen auch zu dieser Kandidatur bekundete Röttgen unlängst. Im Falle einer Wahlniederlage werde er »natürlich« auch Oppositionsführer werden. Vorwürfen, er sei im Gegensatz zu Laschet weit entfernt von der Landeshauptstadt Düsseldorf, nämlich in Berlin, begegnete Röttgen mit den Worten: »Es geht nicht nur um physische Präsenz, sondern auch um politische Präsenz.«

Röttgen oder Laschet – einer von beiden dürfte stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU werden. Denkbar ist ein Modell, nach dem der Verlierer im Lande mit dem Posten im Bunde abgefunden wird.

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