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Warum kein Bürgerentscheid?
Peter Conradi zu Stuttgart 21 und die Möglichkeiten der Einflussnahme / Der Stuttgarter Architekt und Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete ist Gegner des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21
ND: Herr Conradi, nun will auch die SPD, die erklärter Befürworter von Stuttgart 21 ist, einen Volksentscheid und zwar auf Landesebene. Wie bewerten Sie das?
Conradi: Ich freue mich, dass sich in der SPD Baden-Württemberg etwas bewegt. Den Vorschlag finde ich allerdings politisch und rechtlich sehr schwierig. Das ist ja so, als wenn ein Bundeskanzler mit einer manipulierten Vertrauensfrage Neuwahlen erzwingen will. Aber es hilft natürlich, wenn das Thema Volksbefragung da diskutiert wird.
Edzard Reuter, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG und Unterzeichner des Stuttgarter Appells, hat in der Pressekonferenz mehrfach betont, dass er den Landespolitikern derzeit nicht zutraut, einen Runden Tisch auf die Beine zu stellen. Dafür seien sie zu sehr auf den Wahlkampf konzentriert. Trauen Sie den Landespolitikern im Moment auch nichts zu?
Die Landesebene hat ja einen ersten Schritt getan und zu einem Runden Tisch eingeladen, der jedoch geplatzt ist, weil es keinen Baustopp gab. Aber Reuter hat recht: Jetzt ist der Bund als Hauptgeldgeber gefragt. Eine Moderation von Gesprächen zwischen Gegnern und Befürwortern durch Landespolitiker würde wegen des Wahlkampfes sehr erschwert werden.
Mit dem Stuttgarter Appell, den inzwischen mehr als 50 000 Menschen unterzeichnet haben, wird eine Bürgerbefragung, kein Bürgerentscheid gefordert. Warum wollen Sie keine rechtlich verbindlichere Abstimmung?
In Baden-Württemberg gibt es Volksentscheide auf Landesebene nur sehr eingeschränkt, also eigentlich gibt es keine. Und die Bürgerbefragung könnte man doch gut mit der Landtagswahl am 27. März 2011 verbinden.
Wie wollen Sie diese Bürgerbefragung auf den Weg bringen?
Wir wollen ein Faktenforum, das heißt ein Verfahren, bei dem die strittigen Fragen zu S21 und zu K21 (Kopfbahnhof 21 heißt das Projekt der S21-Gegner, mit dem sie den Ausbau des bestehenden Bahnhofes meinen, die Red.) behandelt und dargelegt werden. Aus meiner Erfahrung hat es sich bewährt, mit den einfachen Fragen anzufangen, zum Beispiel, wie viele Züge denn tatsächlich auf der neuen ICE-Strecke nach Ulm fahren sollen. Dann kommen die schwierigeren Fragen, bei denen man Kompromisse finden kann und am Ende die Themen, bei denen es keine Einigung gibt. Wichtig ist, dass endlich alle Informationen auf den Tisch kommen. So kann man am Ende deutlich machen, wo die Knackpunkte liegen. Und dann müsste der Landtag beschließen, ob er die Landtagswahl 2011 mit der Bürgerbefragung verbinden will und wir erwarten natürlich, dass die Politik das Ergebnis respektiert.
So viel Vertrauen haben Sie in die Politik?
Politiker sind ja Realisten. Ein solches Projekt gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit durchzuziehen – das wäre schon sehr gewagt.
Wie schnell könnte dieser Prozess beginnen?
Ich denke, in den nächsten zwei bis drei Wochen könnten Gespräche zustande kommen. Ministerpräsident Stefan Mappus muss ja auch ein Interesse daran haben zu deeskalieren. Ich sehe übrigens auch ein großes Interesse bei der Bundesregierung. Die müssen in Berlin jetzt erhebliche Einsparungen vornehmen, auch welche, die sozial weh tun. Da gibt es das Interesse, Großprojekte auch von der Deutschen Bahn zu verschieben. Wenn das käme, hätten wir ja das Moratorium, das wir fordern.
Fragen: Barbara Martin
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