Gegen die Kopfpauschale an einem Tisch
Linke, Grüne und SPD unterstützen DGB-Aktionsbündnis gegen die Gesundheitspolitik der schwarz-gelben Koalition
Zusammen mit den DGB-Spitzen Annelie Buntenbach und Michael Sommer gaben die Vorsitzenden der Oppositionsparteien im Bundestag, Sigmar Gabriel (SPD), Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) und Gesine Lötzsch (DIE LINKE) ihre Unterschrift für das Aktionsbündnis »Köpfe gegen Kopfpauschale«. Dieser DGB-Initiative vom April des Jahres schlossen sich bisher neben diversen Einzelgewerkschaften auch eine Reihe sozialer Organisationen von der Arbeiterwohlfahrt bis zur Volkssolidarität an.
Von einer bewussten Täuschung der Öffentlichkeit durch die regierenden Parteien sprach DGB-Vorstandsmitglied Annnelie Buntenbach. Die Versicherten müssten nicht nur 15 Milliarden Euro pro Jahr an Mehrbelastungen tragen, darunter den Arbeitnehmersonderbeitrag von 0,9 Prozent, die Praxisgebühren sowie hohe Zuzahlungen. Zusätzlich sollten sogenannte »einkommensabhängige Zusatzbeiträge« die Beitragsfinanzierung schleichend in ein System der Kopfpauschalen umwandeln.
Die Konkretisierung der Regierungspläne zur Gesundheitsreform brachte die Parteienvertreter gemeinsam an den Gewerkschaftstisch. Dass dies schon eine Gegenregierung sein könnte, lehnten alle ab, brachten aber ähnliche Begründungen für ihr Engagement. Sigmar Gabriel sah durch die schleichende Einführung der Kopfpauschale im Gesundheitswesen den Sozialstaat in Gefahr und das Verfassungsversprechen sozialer Sicherheit bedroht: »Die Pläne Röslers liefern die gesetzlich Versicherten den privaten Kassen als Beute aus.« Die Sozialdemokraten würden alles tun, um diese Vorhaben zu stoppen, letztlich sei dafür aber eine andere Mehrheit nötig. Würden die Sozialdemokraten die Bundestagswahlen in drei Jahren gewinnen, wolle man die Bürgerversicherung einführen.
Auch die Grünenpolitikerin Roth kritisierte die Regierungspläne als Anschlag auf die Grundlagen des sozialen Rechtsstaates. Statt der vollständigen Ökonomisierung der Gesundheitsversorgung sollten Qualität, Prävention, Patientenorientierung, ortsnahe Versorgung und die Arbeitsbedingungen in Gesundheitsberufen im Mittelpunkt einer Reform stehen. Gesine Lötzsch wandte sich dagegen, dass die Bevölkerung von der Regierung in jeder Woche einer anderen Lobbygruppe ausgesetzt würde. Auch sie plädierte für eine solidarische Bürgerversicherung, außerdem für die Abschaffung von Praxisgebühren und Zuzahlungen.
Ein Sachbündnis, das von der Regierung eine andere Politik fordert – so sieht der DGB-Vorsitzende Michael Sommer das Zusammenwirken der Beteiligten. Zwar übte sich insbesondere die SPD in der Abgrenzung von den Grünen, letztlich wollte aber niemand der drei Oppositionsparteien die aktuelle, inhaltliche Übereinstimmung in der Gesundheitspolitik in Frage stellen. Gesine Lötzsch sprach sich dafür aus, vernünftige Ziele gemeinsam zu unterstützen, statt Meta-Diskussionen zu führen. Ihre Partei werde sich nach Kräften dafür einsetzen, für die im Oktober startende Online-Petition an den Bundestag viele Unterschriften zu sammeln. Kommentar Seite 8
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!