Rüge für Rostocker Bürgerfunker
»Radio Lohro« soll zu Gewalt aufgerufen haben
Das alternative Rostocker Lokalradio »Lohro« erfreut sich einiger Beliebtheit in der Ostseestadt – nicht nur als Veranstalter guter Parties und Konzerte, sondern auch als unabhängiges und nicht-kommerzielles Bürgermedium. Nun allerdings gibt es kräftig Ärger: Die Landesmedienanstalt Mecklenburg-Vorpommern hat das Bürgerradio, das mit seinem Vollprogramm-Anspruch im Nordosten einmalig ist, derb gerügt.
Zwei Moderatoren sollen in einer Sendung am 30. September 2010 »in vulgärer Sprache« zur Konfliktsuche mit der Polizei und zu Straftaten aufgerufen haben, hieß es, die Staatsanwaltschaft Rostock habe ein Verfahren eingeleitet. Laut Uwe Hornauer, dem Chef der Nordost-Medienanstalt, habe sich »Lohro« auf diese Weise zum »Sprachrohr« extremistischer Auffassungen gemacht.
Ganz so dramatisch sieht das Ralph Kirsten nicht, der Programmverantwortliche beim schon seit 15 Jahren bestehenden Bürgerfunk. Zwar meint auch er, die betreffenden Ehrenamts-Journalisten hätten »handwerklich unsauber« gearbeitet. Die fraglichen Kommentare genügten »nicht den Qualitätsstandards eines Bürgermediums« und seien auch intern im Sender als »mindestens grenzwertig« eingestuft worden. Man könne das Gesagte durchaus als »ungerichteten Aufruf zu Gewalt« verstehen, so Kirsten. Die beiden Sprecher dürfen zunächst nicht mehr ans Mikrofon.
Dennoch findet der »Lohro«-Verantwortliche, die Sache werde inzwischen »ein bisschen überbewertet«. Die fragliche Sendung sei am 30. September gelaufen, an dem aus Stuttgart immer neue Bilder des überharten Polizeieinsatzes gegen Tiefbahnhofskritiker kamen. Dieser hatte bundesweit große Empörung ausgelöst und wird inzwischen von einem Untersuchungsausschuss im Landtag von Baden-Württemberg durchleuchtet.
Für die insgesamt als eher links und alternativ einzuschätzenden Radiomacher kommt die Affäre zur Unzeit. Zwar ist der Weiterbetrieb von »Lohro« als nichtkommerzielles Lokalradio über den Jahreswechsel hinaus gesichert – mit dem Jahr 2010 endet auch die Lizenz als »Pilotprojekt«. Doch hatte man gerade erst Direktfördermittel für 2011 bei der Landesmedienanstalt beantragt, was erst seit einer Gesetzesnovelle im Vorjahr möglich ist.
Insofern bleibt abzuwarten, ob es mittel- oder längerfristige Konsequenzen aus dem Sprach-Unfall geben wird. Die Rüge jedenfalls muss kurzfristig gesendet werden.
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