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Frauen gegen bergehohe Wellen

Sieben Geschichten vom Eigensinn

  • Monika Melchert
  • Lesedauer: 3 Min.

Abschiednehmen und Aufbrechen zu neuen Ufern – leicht ist das nicht: Man muss über Hürden zu springen bereit sein, ins Offene, Ungewisse gehen. Das beginnt schon beim »Dorf der Dienstmädchen«, die aus einem abgelegenen italienischen Nest nach Rom oder Florenz ziehen, und sei es als Dienerinnen der Reichen. Alles setzen sie daran, herauszukommen aus dem grauen Alltag, aus dem Einerlei eines vorgezeichneten Lebens, bei dem man schon in der Jugend weiß, wie man im Alter leben wird, im besten Falle nämlich als Ehefrau eines Hirten in den Bergen. Anna Banti erzählt das mit viel Charme und Verständnis für diese jungen Frauen, selbst wenn sie auf ihrem Weg allzu bald schon steckenbleiben.

Oder die Geschichte von Almeda, die ihr Leben in der kanadischen Provinz des 19. Jahrhunderts an sich vorbeiziehen sieht, Gedichte schreibt, sich eine innere Welt aufbaut, weil die äußere, das volle ganze Leben, ihr nicht zur Verfügung steht. Kennen wir das nicht alle: Man träumt sich am Anfang seiner Biografie einen selbstbestimmten Weg, man will sich von niemandem hineinreden lassen. Und, so erzählt es die Kanadierin Alice Munro, das Leben wird dann zumeist ganz anders, wenn auch nicht weniger aufregend.

Die Unbotmäßigkeit der Figuren ist das ganz besonders Erfrischende an diesen sieben Erzählungen. Brechen Frauen vielleicht eher auf aus eingefahrenen Mustern als Männer? Sind sie kompromissloser, gar mutiger? Man könnte es nach der Lektüre des Bandes fast glauben. Geschichten von sieben Autorinnen aus fünf Ländern. Sie spielen heute, vor 80 oder gar 150 Jahren, hier und dort auf der Welt, aber die Existenzen der Frauen darin gehen uns noch immer an. Genau in der Buchmitte steht ein »Merkwürdiges Beispiel weiblicher Entschlossenheit« – die Erzählung von Sarah Kirsch ist vor fast vierzig Jahren entstanden und damals im Band »Die ungeheuren bergehohen Wellen auf See« veröffentlicht worden: Die beruflich erfolgreiche Frau Schmalfuß ist 28 und hat noch immer kein Kind. Das, so beschließt sie, darf nicht so bleiben. Mit Courage und Eigensinn geht sie ans Werk, einen Mann zu gewinnen, um an ein Kind zu kommen. Von heute aus gesehen wirkt das ein wenig skurril, aber es ist eine richtig schöne runde Geschichte mitten im Sozialismus – da gehörte es noch zum weiblichen Selbstverständnis, Beruf und Kind zu vereinbaren. Und alleinstehend mit Kind zu sein, galt durchaus nicht als Makel. Am Ende hat die forsche Dreißigerin also ein Kind, aber keinen Mann.

Die vielleicht schönste Geschichte des Bandes ist auch die kürzeste: »Fürs Glück geboren« von der Niederländerin Margriet de Moor. Marie Anne hat ein ganz unspektakuläres Leben gelebt. Ihr Aufbruch führt sie am Ende ihrer Tage nur bis ins nächste Kino. Aber welch eine Spanne hat sie da durchmessen. Im Grunde handelt es sich bei ihnen allen um gewöhnliche Frauen und gewöhnliche Leben – außergewöhnlich ist manchmal nur die Kraft, die sie in ihrem Inneren spüren. In feuerrotes, bedrucktes Leinen gebunden, ist der Band »Heldinnen des Glücks« unter Freundinnen wohl ein aufrichtiges und sehr persönliches Geschenk.

Heldinnen des Glücks. Sieben Geschichten vom Aufbruch. Ausgewählt und mit einem Nachwort von Karen Nölle und Christine Gräbe. Edition fünf bei Edition Nautilus, 151 S., geb., 14 €

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