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Lachen, das befreit

Peter Ensikat: Zwei Bände Satiren und eine Autobiografie

  • Matthias Biskupek
  • Lesedauer: 3 Min.

Wo der Spaß aufhört, fängt Peter Ensikat an, denn dessen ganze Halbwahrheiten beweisen: Ihr könnt ja nichts dafür! Damit gelang es dem Rezensenten, die Titel von gleich drei soeben erschienenen Büchern mit durchweg lesens- und vorlesenswerten Texten in einen einzigen Satz zu pressen.

Was schreibt ein Kindertheaterdichter über seine eigene Kindheit? Peter Ensikat, den viele als Kabarettautor und langjährigen Distel-Chef kennen, begann als Schauspiellehrling und war später viele Jahre Darsteller am »Theater der Freundschaft«, eine jener Einrichtungen, derer es eine Handvoll in der DDR gab: professionelle Bühnen, die eigens und fast nur für Kinder spielten. Weil denen Stücke fehlten, bearbeitete Ensikat Märchen für die Bühne – und landete damit republik-, ja europaweit Erfolge, die sich allerdings nicht so sehr in Tantiemen ausdrückten, denn Kindertheaterpreise waren gering, und ein Bühnendichter bekam (und bekommt) nur zehn Prozent der sogenannten Abendkasse. Solches erfährt man nebenbei aus Ensikats Autobiografie, die ganz ordentlich mit seiner Geburt in Finsterwalde vor fast siebzig Jahren beginnt und unordentlich mit zwei Geburtsurkunden, eine mit Hakenkreuz und eine mit DDR-Emblem, weitergeht. Sein älterer, ebenfalls berühmter Bruder, der Grafiker Klaus Ensikat, tritt auf, die Nahrungs-Nöte nach dem Krieg werden deutlich und die Mühen der Mutter, einer Kriegerwitwe, wie es damals hieß. Wer die Theater- und Kabarett-Szene der Sechziger, vor allem aber der Siebziger und Achtziger kennt, wird bekannten, beliebten und gelegentlich auch verhassten Figuren begegnen. Ensikat schreibt in diesem Buch nahezu karg, schlicht berichtend, oft in einfachen Sätzen, so gar nicht bemüht um Pointen, wie man es von Spaßmachern erwartet. Er rechnet kaum mit anderen ab – aber nicht selten mit sich, mit gelegentlicher Verzagtheit, mangelndem Mut, und immer wieder mit den Grundtorheiten einer Epoche, deren Repräsentanten es so oft an Witz und Selbstironie mangelte.

Was wir heute übrigens ebenso beobachten können – dazu sollte man Ensikats Satiren aus den vergangenen zwanzig Jahren lesen, bei Eulenspiegel als »Wo der Spaß aufhört« gesammelt. Darin stehen auch Texte aus ersten Büchern nach 1990, als der Autor sich noch fürchtete, richtige dicke Bände zu schreiben. Wir finden vom Ostspaziergang («Von Lenin befreit sind Straßen und Plätze«) bis »Was bleibt übrig von den Großen / wenn sie auf die Nachwelt stoßen?« auch Gereimtes zum Zeitgeist.

Ein ganzes großes Kabarettprogramm ist letztlich auch die zum Buch gewordene Methode, wie Ensikat den Westdeutschen verzeiht »Ihr könnt ja nichts dafür!« – eine Autobiografie der erdachten Art, in der Ensikats Onkel Günther aus Mannheim und seine Verwandten aus Westberlin immer wieder nörgelnd auftreten. Denn wir alle wissen ja, wie uns die Westverwandtschaft früher und die Politikwissenschaftler heute den Osten, also unsere Leben, erklären. Ensikat hat aus seinen Erinnerungen, seinen Ansichten und seinen alten und sehr neuen Beobachtungen drei famose Bücher gemacht, deren Lektüre manchmal so lustig wie gute Kabarettprogramme und manchmal so nachwirkend wie gute Literatur ist.

Peter Ensikat: Meine ganzen Halbwahrheiten. Autobiografie. DuMont. 360 S., geb., 19,95 €.
Wo der Spaß aufhört. Satiren aus 20 Jahren. Eulenspiegel Verlag. 224 S., geb., 14,95 €.
Ihr könnt ja nichts dafür! – Ein Ostdeutscher verzeiht den Wessis. Mit einem Einwurf von Dieter Hildebrandt. Edition q. 240 S., geb., 19,95 €
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