- Kultur
- Fragwürdig
Fängt mit 65 Jahren das Leben an?
Ruth Kampa sieht 100 Tage vorm ND-Jubiläum eine Zeitung im besten Alter / Die promovierte Juristin ist Vorsitzende des ND-Fördervereins
ND: Man soll die Feste feiern wie sie fallen, heißt es gemeinhin. Adeln wir also den 13. Januar 2011: In exakt 100 Tagen wird Neues Deutschland 65. Was geht einem, der mit dieser Zeitung eng verbunden ist, dabei so alles durch den Kopf?
Kampa: Erst einmal, dass sie sich behauptet hat, was nicht immer einfach war. Ein täglicher Kraftakt der Redakteurinnen und Redakteure, der Verlagsmitarbeiter und aller, die für die Produktion, das Erscheinen und die regelmäßige Zustellung der Zeitung mittun. Respekt.
Als die Welt noch heil schien, war die Alterszahl 65 gleichbedeutend mit dem Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand – alle Fünfe gerade lassen. Können Sie sich das fürs ND vorstellen?
In keinem Fall und das würden die Leserinnen und Leser auch nicht zulassen! Sie brauchen »ihr ND«. Hobbypflege für eine Zeitung? Ich weiß ja nicht. Und 65 ist doch ein jugendliches Alter für eine Zeitung!
Stimmt auch wieder, zumal in Redaktion und Verlag der »Kern« immer jünger wird. Ein guter Vorschuss auf die Zukunft, oder?
Unser Verein der Freunde der sozialistischen Tageszeitung registriert natürlich sehr genau, was Redaktion und Verlag so alles unternehmen – neues Layout, neue Inhalte. Nicht zuletzt die Anstrengungen auf jenen neuen »Feldern«, um die Zeitung auch für junge Menschen, also auch jüngere Leser, attraktiver zu machen. Beispielsweise im wichtigen Medium Internet – sei es mit eigener Website, durch die Präsenz in den Netzwerken von web 2.0, Facebook, Twitter und eigenen Diskus-sionsblogs.
Doch machen wir uns nichts vor, die Zeitung braucht Abonnenten ihrer Printausgabe. Das ist der Knackpunkt. Die neue Beilage, um die nur jüngste »Veränderung« in der Zeitung zu nennen, dürfte mit Sicherheit Interesse wecken. Vielleicht und hoffentlich auch bei jungen Leuten. Ich glaube aber, dass noch einiges zu tun bleibt.
Die Freunde waren aber auch nicht untätig.
Natürlich wollen wir als Förderverein dem Neuen Deutschland bei seinen Bemühungen, die Leserschaft stabil »zu verjüngen«, auch aktiv zur Seite stehen. So unterstützten wir im Vorjahr finanziell ein Projekt, mit dem Schülerinnen und Schüler mit dem Metier »Zeitung machen« vertraut gemacht werden sollten. Wir taten dies natürlich auch mit der Hoffnung, sie als künftige Abonnenten dieser Zeitung zu gewinnen. Gleiches gilt für unseren Leserpreis, für den wir jüngere Kolleginnen und Kollegen ausgewählt haben, deren Artikel von den Leserinnen und Lesern als lesenswert, informativ und tiefgründig bewertet werden. Und uns gefällt, wie sie ihr Engagement weit über eine Ausübung ihrer Profession für die sozialistische Tageszeitung einsetzen.
Apropos, wann startet der diesjährige Leserpreis?
Wir starten am morgigen Freitag. Die Umfrage läuft bis zum 30. April 2011. Die Leserinnen und Leser können sich aber auch über das Internet beteiligen. Wir freuen uns auf eine rege Teilnahme und werden den Preis nun schon traditionell auf dem Fest der Linken, das am 28./29. Mai 1011 stattfindet, verleihen. Ich bin gespannt, wer in diesem Jahr »das Rennen macht«!
Was wünschen die Freunde der sozialistischen Tageszeitung für die 100 Tage bis zum Jubiläum?
Eine starke, stabile, möglichst wachsende Verehrerschar, die sie kritisch, anregend und treu begleitet. Natürlich interessante, streitbare Artikel.
Fragen: Peter Kollewe
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.