Rätsel um das Rekordauto
Elektrofahrzeug nach angeblicher Weltbestleistung abgebrannt
Als das Elektroauto in den Hof einbog, war die Batterie noch zu 18 Prozent geladen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) jubelte nach der Fahrt München-Berlin über einen »Durchbruch« für das Elektroauto: »Jetzt müssen alle umrüsten auf die Technik, dann haben wir es geschafft.« Doch das seit der Rekordfahrt im Oktober gefeierte Berliner Unternehmen DBM Energy muss sich seit Wochen unangenehme Fragen anhören – und die Geschichte mit Ungereimtheiten wird zum Krimi.
Denn der lila-gelbfarbene Audi A2, mit dem der 600-Kilometer- Weltrekord gelungen war, ist Mitte Dezember in einer Berliner Lagerhalle verbrannt. Vieles deutet nach dpa-Informationen auf Brandstiftung hin. Der ADAC äußert zudem seit Wochen Bedenken, ob bei der Rekordfahrt alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Brüderles Ministerium dringt auf Aufklärung, schließlich bekam DBM Energy 275 000 Euro an Förderung. Als Stromanbieter war der Ökostrom- Lieferant lekker Energie dabei – er wirbt auf seiner Homepage mit dem sogenannten »lekkermobil«.
Die DBM-Macher um Firmenchef Mirko Hannemann sind beunruhigt. In Branchenkreisen heißt es, Hannemann schließe nicht aus, dass er Opfer neidischer Mitbewerber geworden sein könnte, die sein Wunderauto angezündet hätten. Auf der Homepage findet sich neben dem Impressum nur ein Neujahrsgruß. »Wir haben uns entschlossen, den Jahreswechsel und das erste Quartal 2011 dazu zu nutzen, uns für eine erfolgreiche Zukunft grundsätzlich professionell neu aufzustellen.« An der Marktreife bei der Elektromobilität werde weiter gearbeitet.
Erst auf mehrfache Nachfrage betont DBM, man habe einen unabhängigen Reichweitencheck beantragt, um Zweifeln an Batterietechnik und Rekordfahrt auszuräumen. Auch das Wirtschaftsministerium ist aktiv geworden. Die von Brüderle gefeierte Batterie liegt in der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung und wird unter die Lupe genommen.
Der Brand geschah am 12. Dezember, aus Ermittlungsgründen wurde er zunächst nicht öffentlich gemacht. Zum Brandzeitpunkt war das Fahrzeug lediglich mit einer laut DBM zu 10 Prozent geladenen, nicht brennbaren Behelfsbatterie ausgestattet. Mitbewerber hatten kritisiert, die Erfolgsbatterie auf Lithium-Metall-Polymer-Basis sei nicht sicher, da leicht entflammbar. Sollte das etwa mit einem Autobrand »bewiesen« werden?
Renommierte Institute wollten die Batterie direkt nach der Rekordfahrt auf den Prüfstand stellen – DBM lehnte ab. »Es begann ein mediales Wechselbad der Gefühle, das uns letztendlich personell überfordert hat«, erklärt DBM nun, warum viele Fragen unbeantwortet blieben. »Das habe die Zweifel an der ganzen Sache genährt«, heißt es in Branchenkreisen. Die Autobranche, die selbst mit Milliardenaufwand nach Batterien mit großer Reichweite forscht, war reichlich verschnupft, als der kleinen Tüftlercrew der Coup gelang.
Bei der nächtlichen Weltrekordtour von München nach Berlin mit im Schnitt Tempo 98 war entgegen der Ankündigungen kein Notar dabei – und eine sonst übliche technische Abnahme fand laut ADAC vor und nach der Fahrt nicht statt. DBM betont, »etwa 30 Augenzeugen haben uns auf dem Weg von München nach Berlin begleitet«. Dazu hätten Journalisten, Mitarbeiter des Bundeswirtschaftsministeriums, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sowie »acht Personenschützer« die Fahrt verfolgt. Der Redakteur der »ADAC Motorwelt«, Wolfgang Rudschies, fuhr im Bus mit, der in der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober hinter dem E-Auto unterwegs war. Er wunderte sich, als plötzlich rund 130 Kilometer vor Berlin der Begleitbus das E-Auto überholte, von der Autobahn ab- und auf der anderen Seite zehn Kilometer in Richtung München fuhr.
Erst nach einer halben Stunde war das »lekkermobil« wieder erreicht. Rudschies unterstellt DBM nicht, dass da die Batterie nachgeladen, ausgetauscht oder gar das Auto gewechselt worden sein könnte. »Aber glauben ist nicht wissen. Fakt ist, dass wir das Auto nicht die ganze Zeit gesehen haben.« DBM weist solche Anspielungen zurück und legt als Beweis das GPS-Navigationsprotokoll vor. »Anhand des Protokolls lässt sich exakt nachvollziehen, wo, zu welcher Zeit, wie schnell und in welcher Höhe das Fahrzeug unterwegs war.« Manipulationen könnten »mit diesem Protokoll also absolut ausgeschlossen werden«.
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