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Stimmungsmache gegen Flüchtlinge ging nicht auf

Tausende Flüchtlinge aus Nordafrika landen auf der italienischen Insel Lampedusa / Während Rom Ängste schürt, zeigen Bewohner Lampedusas Solidarität

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Zustrom von Flüchtlingen aus Nordafrika nach Süditalien über das Mittelmeer reißt nicht ab. Und er fordert Opfer. Aus Tunesien wurde bekannt, dass ein Flüchtlingsboot vor der Küste des Landes von der Marine gerammt wurde. Man spricht allein bei diesem Zwischenfall von etwa 30 Toten.
Innerhalb nur weniger Stunden haben Hunderte von Menschen die knapp 110 Kilometer überwunden, die Tunesien von der süditalienischen Insel Lampedusa trennen. Einige von ihnen kamen mit größeren Booten, andere mit morschen und überfüllten Seelenverkäufern. Es ist auch die Rede von Flüchtlingen, die während der Überfahrt ins kalte Wasser gefallen und ertrunken seien. Offiziell werden zwei Boote vermisst, wobei man allerdings die Möglichkeit nicht ausschließt, dass sie an die Küste Tunesiens zurückgekehrt sind.

Einmal in Lampedusa angekommen, werden die Flüchtlinge von völlig überlasteten Ordnungskräften in Empfang genommen. Bisher waren es gerade einmal 50 »Offizielle«, die sich um die knapp 5000 Menschen gekümmert haben, die in den vergangenen Tagen auf der kleinen Insel gelandet sind. Glücklicherweise hat aber die Bevölkerung Solidarität bewiesen. Der katholische Pfarrer Stefano Nastasi kümmerte sich mit einigen Freiwilligen um fast 350 Menschen, die er mit Decken und Lebensmitteln versorgte, die schnell gesammelt wurden. Er bestätigt auch, dass die Lage auf der Insel ruhig ist: »Die Flüchtlinge gehen spazieren und bewundern die schöne Aussicht«, erklärte er. Inzwischen hat das Innenministerium in Rom die Entsendung von weiteren 50 Polizisten angekündigt.

Zunächst hatte sich die Regierung Berlusconi geweigert, das große Auffanglager zu öffnen, das es auf der Insel gibt, um, wie Innenminister Roberto Maroni erklärte, nicht den Eindruck zu erwecken, dass »in Italien jeder willkommen ist«. Inzwischen aber sind die meisten Bootsflüchtlinge in jenem Lager und in einigen Hotels der Insel untergebracht. Mit Flugzeugen und Fähren will man aber möglichst schnell die größtmögliche Anzahl der Menschen nach Sizilien und in andere italienische Regionen bringen.

Der Polizeipräsident von Palermo, Giuseppe Caruso, wurde von der Regierung zum Verantwortlichen für den humanitären Notstand ernannt. Den Notstand für die Insel Lampedusa hatte die Regierung in Rom ausgerufen, nachdem kein Ende des Zustroms von Immigranten abzusehen war. Caruso erklärte, dass man die Flüchtlinge auf Sizilien erst einmal in Schulen, Turnhallen und anderen Gebäuden unterbringen wird; auch an die Einrichtung von Zeltlagern wird gedacht.

Inzwischen wird die Landung von Flüchtlingen in Lampedusa in ganz Italien vor allem als humanitäres Problem gesehen. In den ersten Stunden nach Beginn des Zustroms der Flüchtlinge hatte das Innenministerium noch davon gesprochen, dass man vor allem besorgt sei, weil möglicherweise entlaufene Verbrecher und »mutmaßliche islamistische Terroristen« unter den in Lampedusa gelandeten Menschen sein könnten.

Nachdem Tunesien die Entsendung italienischer Polizisten abgelehnt hatte, die – so der Vorschlag der Regierung in Rom – dazu beitragen sollten, die Abfahrt weiterer Boote zu verhindern, denkt man jetzt darüber nach, die Sicherheitskräfte in italienischen Hoheitsgewässern patrouillieren und neue Flüchtlinge auf dem Meer abdrängen zu lassen. Gleichzeitig fordert Italien die dringende Hilfe der Europäischen Union, die, so Maroni, »Italien alleine lässt«. Die Institutionen in Brüssel haben ihre Unterstützung versprochen. Wie diese allerdings aussieht, ist offen.

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