Arabische Wendehälse?
Kommentar von Roland Etzel
Von ihren Herrschern sind den Menschen Tunesiens und Ägyptens Milliarden an Volksvermögen gestohlen worden. Und schon droht neuer Verlust: Jetzt geht es um nicht weniger als ihre Revolution.
Wie anders sollen beispielsweise die Tunesier es verstehen, wenn jener Mann, der seit 1999 unter ihrem Diktator Ben Ali Premierminister war, ihnen seit Wochen als Übergangspräsident zugemutet wurde? Sie argwöhnten, dass es ein Übergang zu etwas sein könnte, für das sie niemals ihr Leben eingesetzt hatten, gingen wieder auf die Straße, bis jener Ghannouchi gestern das Handtuch warf. Nicht grundsätzlich anders stehen die Dinge bislang in Kairo. Dort klammert sich die Opposition an die Losung, Volk und Armee bildeten eine Einheit. Tatsache ist aber, dass zumindest die Generäle viele Jahre lang vor allem Mubaraks Generäle und nicht die des Volkes waren. Auch tun sie jetzt genau das, was man tun müsste, um die Bewegung der Straße allmählich auszubremsen.
Auch wie sich einige bisherige hohe Amtsträger des libyschen Nachbarn zeigen, lässt diesen Verdacht aufkeimen. Justizminister und UNO-Botschafter sagten sich auf telegen spektakuläre Weise von Gaddafi los. Entkleidet man aber das tränenreiche Abschwören seiner Theatralik, bleibt nicht viel Substanz. Solange die gewendeten Politiker ihre vermeintlich neue Sicht auf die Dinge nicht durch handfeste Politik untersetzten, ist Skepsis begründeter als Vertrauen.
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