Schwimmen mit Kompass

Meeresschildkröten haben Sinn für Magnetfeld

  • Walter Willems
  • Lesedauer: 2 Min.

Meeresschildkröten orientieren sich auf ihren ausgedehnten Wanderungen am Magnetfeld der Erde. Dabei berücksichtigen Unechte Karettschildkröten nicht nur dessen Stärke, sondern auch die Richtung, wie eine Untersuchung von US-Biologen zeigt. Anhand beider Größen erkennen die Tiere, wo sie gerade unterwegs sind.

»Eines der großen Mysterien im Tierreich ist die Frage, wie Tiere bei Wanderungen im offenen Meer ohne visuelle Orientierungspunkte navigieren«, sagt Studienleiter Kenneth Lohmann von der University of North Carolina in Chapel Hill. Diese Frage untersuchten die Biologen an Unechten Karettschildkröten. Die fast weltweit verbreiteten Reptilien werden über 100 Kilogramm schwer und erreichen eine Länge von über einem Meter. Nach dem Schlüpfen verlassen die Tiere sofort die Küste und kehren erst viele Jahre später wieder an ihre Heimatstrände zurück.

Schon lange vermuteten Forscher, dass sich Meeresschildkröten bei den Tausende Kilometer langen Wanderungen durch die Ozeane am Magnetfeld der Erde orientieren. Aber weil dessen Stärke generell vom Äquator zu den Polen hin stark zunimmt, dachte man bislang, dass es lediglich zur Bestimmung der Nord-Süd-Position dient. »Der schwierigste Teil der Navigation auf offenem Meer ist die Bestimmung der Ost-West-Position«, sagt Erstautor Nathan Putman.

Aber die Tiere ermitteln neben der Stärke des Magnetfelds auch den Winkel, in dem die Feldlinien die Erde kreuzen. Zwar nimmt diese sogenannte Inklination ebenfalls polwärts zu. Aber beide Faktoren variieren auch von Osten nach Westen, so dass jedes Meeresgebiet seine magnetische Signatur hat. »Karettschildkröten erkennen beide Größen«, sagt Putman. »Damit können sie mehr Information aus dem Magnetfeld ziehen, als es zunächst scheint.«

Den Nachweis führten die Forscher mit einem raffinierten Trick: Sie setzten Schildkröten im Wasser zwei künstlich erzeugten Magnetfeldern aus. Beide kommen entlang der Wanderroute auf dem 20. Grad nördlicher Breite vor – eines bei Puerto Rico im Westatlantik, das andere bei den Kapverdischen Inseln vor der Küste von Afrika. Entsprach das Magnetfeld dem bei Puerto Rico, so schwammen die Tiere Richtung Nordosten. Glich es dagegen dem der Kapverden, so nahmen sie Kurs Südwest, wie die Forscher in der Zeitschrift »Current Biology« (online, DOI: 10.1016/ j.cub.2011.01.057) schreiben.

»Das erklärt nicht nur das langjährige Rätsel des Tierverhaltens, sondern könnte auch zum Schutz der Meeresschildkröten beitragen«, sagt Lohmann. Verstehe man den Orientierungssinn der Tiere, so könne man auch den Lebensraum besser schützen.

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