Opposition: Brüderle lässt Katze aus dem Sack

Betrügerisches Wahlkampfmanöver von Schwarz-Gelb? / Gysi: Verantwortungsloses Spiel mit den Bürgerinnen und Bürgern / Anträge zum Rücknahme der Laufzeitverlängerung angekündigt

  • Lesedauer: 2 Min.
Berlin (dpa/AFP/ND) - LINKE-Fraktionschef Gregor Gysi hat der Bundesregierung in der Atomfrage Verantwortungslosigkeit ohne Rücksicht auf die Bevölkerung vorgeworfen. Gysi bezog sich auf Äußerungen von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) zum Atom-Moratorium, das er beim Bundesverband der Deutschen Industrie mit den nahenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz begründet haben soll. Laut »Süddeutscher Zeitung" vom Donnerstag wurde Brüderle in dem Protokoll mit der Aussage zitiert, »dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien«.
»Was Sie dort betreiben und sagen, wegen der Landtagswahlen machen wir jetzt mal eine Aussetzung und danach geht es im Kern so weiter, das ist ein verantwortungsloses Spiel mit den Bürgerinnen und Bürgern«, sagte Gysi am Donnerstag im Bundestag.

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Josef Fell betonte in der Debatte: »Herr Minister Brüderle, aus der Sache kommen Sie nicht mehr raus.« Das Atom-Moratorium sei reine Wahltaktik, daran gebe es nun keinen Zweifel mehr.

Die Opposition reagierte mit schallendem Gelächter auf Brüderles Versuch, das Ganze als Protokollfehler darzustellen.

Bereits im Vorfeld der Bundestagssitzung forderte der LINKE-Vorsitzende Klaus Ernst von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Klartext, ob das Atom-Moratorium nur ein Wahlkampfmanöver sei. Merkel müsse dazu im Bundestag sofort Stellung beziehen, sagte Ernst am Donnerstag in Berlin.
Laut LINKE-Mitteilung erklärte Ernst: »Brüderle hat die Katze aus dem Sack gelassen. Das Atommoratorium war ein betrügerisches Wahlkampfmanöver von Schwarz-Gelb.« Die Quittung würden CDU und FDP am Sonntag an der Wahlurne in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg bekommen. Es gebe jetzt nur zwei Möglichkeiten, ergänzte der LINKE-Vorsitzende: »Entweder Merkel entlässt Brüderle, oder sie gibt ihm Rückendeckung und stellt sich als bekennende Betrügerin den Wählern«, sagte Ernst.

»Narrenmund tut Wahrheit kund«, frotzelte der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber nach Bekanntwerden der Brüderle-Äußerungen im »Handelsblatt Online« vom Donnerstag. »Zuerst plaudert ein RWE-Vorstand über die Geheimverträge von Atomwirtschaft und Bundesregierung, jetzt gibt der Bundeswirtschaftsminister zu, dass das Atom-Moratorium nicht aus Einsicht erfolge, sondern dem Wahlkampf geschuldet ist. Offensichtlicher kann man Wahlbetrug nicht vorbereiten.«

Kelber forderte die Abgeordneten von Union und FDP auf, nicht weiter als »Erfüllungsgehilfen der Regierung« zu dienen. Er kündigte für heute Anträge von SPD und Grüne zur Rücknahme der Laufzeitverlängerung und zur dauerhaften und sofortigen Stilllegung der ältesten acht Atomkraftwerke an.
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