Frontex und Menschenrechte

  • Ska Keller
  • Lesedauer: 3 Min.
Die EU-Abgeordnete (Grüne) gehört zu den Herausgebern einer Studie zu Frontex. Die kostenfreie Analyse kann über das Büro von Ska Keller (www.ska-keller.de) bezogen werden.
Die EU-Abgeordnete (Grüne) gehört zu den Herausgebern einer Studie zu Frontex. Die kostenfreie Analyse kann über das Büro von Ska Keller (www.ska-keller.de) bezogen werden.

So oft wie in den letzten Monaten war die europäische Agentur für die Außengrenzen, Frontex, noch nie in den Nachrichten: Im Rahmen der Operation Hermes ist sie gerade im Mittelmeer unterwegs, im November letzten Jahres hatte die schnelle Eingreiftruppe von Frontex RABIT ihren ersten Einsatz, nachdem Griechenland um Hilfe gebeten hatte. Seit ihrer Gründung 2005 ist Frontex stark gewachsen: Das Budget ist von anfangs 6,3 Millionen Euro auf 87 Millionen erhöht worden und auch das Personal wurde stetig aufgestockt. Gleichzeitig wurde sowohl bei dem Einsatz in Griechenland als auch bereits bei Einsätzen davor häufig von Menschenrechtsverletzungen berichtet, wie im Juni 2009, als ein Boot aus internationalen Gewässern kommend mit 75 Migranten an Bord an das libysche Militär übergeben wurde.

Ein großes Problem im Zusammenhang mit der Agentur ist, dass es keine klaren Verantwortlichkeiten gibt. Der Grenzschutz unterliegt zwar den einzelnen Mitgliedsstaaten, als unabhängige Agentur wird Frontex dazu benutzt, als »Abwehrschirm« aufzutreten, um die Grenzsicherheit aufrechtzuerhalten. Durch einen großen Autonomisierungsgrad gegenüber den Mitgliedsstaaten kann die Agentur beispielsweise einzelne Aktionen, wie Sammelrückführungsflüge, durchführen. Gleichzeitig obliegt das Verfolgen von bei Frontex-Einsätzen gemeldeten Menschenrechtsverletzungen nicht der Agentur selbst, sondern dem verantwortlichen Mitgliedsstaat. Durch diese Verflechtung ist es sehr schwer, einklagbare Verantwortlichkeiten zuzuweisen, da gerade, wenn Probleme auftauchen, sowohl Frontex als auch die Staaten jegliche Verantwortung von sich weisen.

Allein diese Voraussetzungen begründen schwere Zweifel daran, dass die Struktur der Agentur Frontex mit den Menschenrechten vereinbar ist. Aus diesem Grund ist ein funktionierendes und haltbares Mandat für die Grenzschutzagentur unabdingbar. Das Europäische Parlament verhandelt derzeit über die Erneuerung des Frontex-Mandats. Leider bietet die Vorlage der Kommission kaum Spielraum für grundsätzliche Änderungen, und die Mehrheit der Abgeordneten hat sich in den bisherigen Verhandlungen leider dagegen ausgesprochen, eine klare und eindeutige Regelung für die Verantwortlichkeiten von Frontex und den Mitgliedsstaaten zu schaffen.

Aber die Position des Europäischen Parlaments beinhaltet, dass die Menschenrechte einen nicht zu übersehenden Platz im neuen Mandat einnehmen. Dazu gehört auch, dass die Einsatzkräfte in Bezug auf Menschenrechte geschult werden und die Einsätze mit Blick auf die Einhaltung der Menschenrechte evaluiert werden – und dass Einsätze abgebrochen werden, wenn Menschenrechtsverletzungen begangen wurden.

Leider konnten wir nicht durchsetzen, dass das Parlament in Zukunft besser über Einsätze von Frontex informiert und bei Verhandlungen zwischen der Agentur und einem Drittstaat vor dem Abschluss einer Vereinbarung konsultiert werden muss. Es ist unbedingt notwendig, die Kontrolle von Frontex zu erhöhen und das Europäische Parlament sollte als demokratisch gewählte Volksvertretung einen wichtigen Platz dabei einnehmen.

Um die Frage nach der Vereinbarkeit der Agentur Frontex mit den Menschenrechten bejahen zu können, ist in jedem Falle mehr notwendig, als das neue Mandat bieten kann. Die Agentur braucht detaillierte und verpflichtende Leitlinien, die mit Hilfe gesetzlicher Mittel durchgesetzt werden und deren Erfüllung durch demokratische Kontrolle überwacht wird. Alles andere bleibt halbherzig.

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