Weltcup der Wissenschaften

Kann China die Spitzenposition der US-Forschung gefährden?

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 3 Min.

Nicht nur in der Wirtschaft drängt das Reich der Mitte nach vorn. Auch in der Forschung holt China rasant auf, wie die britische »Royal Society« jetzt in einer Studie berichtet. Hatten chinesische Wissenschaftler im Jahr 1996 rund 25 000 Artikel in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht, waren es 2008 knapp 185 000.

Die meisten Fachartikel kommen jedoch nach wie vor aus den USA. 2008 lag deren Zahl bei über 310 000. Gleichwohl ist der prozentuale Anteil amerikanischer Publikationen in den letzten zehn Jahren von 26,4 auf 21,2 Prozent gefallen, während der chinesische Anteil von 4,4 auf 10,2 Prozent gestiegen ist. China hat damit sowohl Großbritannien (6,5) als auch Deutschland (6,1) und Japan (6,0) überholt.

Für Chris Llewellyn Smith von der University of Oxford stellt diese Entwicklung keine Überraschung dar. Zum einen lebten in China über eine Milliarde Menschen. Andererseits habe die Volksrepublik seit 1999 viel Geld in die Forschung investiert und den entsprechenden Etat um ca. 20 Prozent pro Jahr erhöht, sagte Llewellyn Smith in einem BBC-Interview. Und obwohl auch in Indien, Brasilien und Südkorea ein ähnlicher Forschungsboom zu verzeichnen sei, hätten nur die Chinesen bei anhaltendem Wachstum eine reelle Chance, die USA im Jahr 2013 zu überflügeln. Zumindest was die Zahl der publizierten Beiträge angeht. Experten bezweifeln allerdings, dass damit auch ein Mehr an Qualität verbunden ist. Denn die Güte eines Artikels wird daran gemessen, wie oft dieser in anderen Zeitschriften zitiert wird. Und hier hat China einen weitaus größeren Nachholbedarf. In der Rangliste der Zitierungen liegen die USA mit 30 Prozent weiter klar an der Spitze. Großbritannien kommt auf acht, Deutschland auf sieben, China nur auf vier Prozent.

Zwar gebe es Millionen von chinesischen Absolventen, die wissenschaftliche Beiträge publizierten, erklärte der in Nottingham lehrende Sinologe Cong Cao: »Aber es wird noch viele Jahre dauern, bis sie westliche Standards erreichen.«

Das bestätigt auch eine zweite Studie. Sie wurde von der britischen Zeitschrift »Nature« veröffentlicht, die seit ihrer Gründung 1869 als ein Fachblatt gilt, in dem zu publizieren für Wissenschaftler eine Art Ritterschlag bedeutet. 2010 stammten die meisten Artikel in »Nature« und weiteren 16 monatlich erscheinenden »Nature«-Journalen von Forschern der Harvard University, nämlich 238. Auf Platz zwei folgt das »Centre National de la Recherche Scientifique« (CNRS) aus Frankreich (182). Dann kommt bereits die Max-Planck-Gesellschaft (157). Von den wichtigen Entdeckungen, die hier 2010 gelangen, seien nur drei genannt: die Identifizierung einer neuen Menschenform aus Zentralasien anhand fossiler DNA, die Neuvermessung des Protonenradius und der künstliche Nachbau von Rubisco, einem Enzym für die Kohlenstoffbindung bei der Photosynthese.

Die einzige chinesische Forschungsinstitution in den Top 50 der »Nature«-Rangliste findet man auf Platz 32: die Akademie der Wissenschaften. Großbritannien ist mit fünf Einrichtungen vertreten, Japan mit vier. Aus Deutschland hat es neben der Max-Planck-Gesellschaft nur noch die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität geschafft – auf Platz 50. Ganz vorn liegen die USA, deren wissenschaftliche Übermacht mit 32 Institutionen weiterhin schier erdrückend ist.

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