Nie allein

Sasha Waltz / Die Choreografin ist Mitgestalterin das Einheitsdenkmals

  • Martin Hatzius
  • Lesedauer: 2 Min.

Nun also doch keine Banane, sondern eine Schale. Und keine Bananenschale! Das sieht bloß so aus. Von peinlichen Ausrutschern war der Wettbewerb um das Berliner Einheitsdenkmal geprägt, dessen Sieger jetzt endlich feststeht. Auf dem Sockel, auf dem einst Kaiser Wilhelm thronte, sollen künftig »Bürger in Bewegung« geraten. Gebaut wird auf dem Schlossplatz eine begehbare Skulptur, die sich die Choreografin Sasha Waltz gemeinsam mit dem Designbüro Milla & Partner ausgedacht hat. Darum, was uns die Künstler mit ihrer gekrümmten Wippe wohl sagen wollen, muss nicht gerätselt werden; sie sagen es selbst: Das Konzept sei »in dem Geist geschaffen« worden, »dass jeder Mensch durch kreatives Handeln zum Wohl der Gemeinschaft beitragen« kann.

Der Witz ist aber, dass diese 50 Meter lange Wippe sich von den Bewegungen Einzelner überhaupt nicht aus der Ruhe bringen lässt. Erst wenn sich »größere Gruppen verständigen« und gemeinsam auf dieses oder jenes Ende steigen, beginnt die Schale zu kippen. Kein Objekt der Erinnerung an 1989 und '90 ist dieses Monument in erster Linie, sondern ein Sinnbild für die Demokratie. Jeder, der als Kind einmal heulend oben auf einer Wippe saß und nicht mehr heruntergelassen wurde, weiß, wie ungerecht die Macht der Masse auch sein kann – gegenüber denen, die leichter wiegen.

Die Berliner Bewegungskünstlerin Sasha Waltz ist eine starke Einzelne, die sich nie auf die Seite der schwer Etablierten geschlagen hat – aber eben auch nie im Alleingang agierte. 1963 als Tochter eines Architekten und einer Galeristin in Karlsruhe geboren, wollte sie eigentlich Malerin werden. Ihre Entscheidung für den Tanz war gleichzeitig eine Entscheidung gegen den Tanz allein. Den Erfolg verdankt Waltz ihrem nimmermüden Streben nach Zusammen-Arbeit – zwischen den Künsten, zwischen Menschen. Waltz gilt als größte Erneuerin des Tanztheaters nach Pina Bausch, weil Neuerung für sie immer Weitung heißt. Seien es ihre choreografischen Opern, sei es ihre interaktive Erkundung architektonischer Räume, sei es ihre prozesshafte Projektreihe »Dialoge«: Wo Waltz auftaucht, wachsen Kunstgattungen – und Menschen – zusammen, die vorher gar nicht wussten, dass sie zusammengehören.

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