Die Blutsauger kommen

Institut im brandenburgischen Müncheberg untersucht Stechmücken

  • Lesedauer: 3 Min.
Noch hinterlassen hiesige Mücken meist nur lästige Quaddeln und Juckreiz. Doch zunehmend fühlen sich auch fremde Arten, die Krankheiten übertragen, wohl. Berlin und Brandenburg gehören zu den Gebieten, in denen Forscher jetzt Stechmücken genau untersuchen wollen.

Vor dem Dengue- oder dem Westnilfieber müssen sich bislang vor allem Reisende in den Tropen und Subtropen schützen. Doch fremde Stechmückenarten, die die Erreger übertragen, fühlen sich auch in Deutschland immer wohler.

»In den nächsten zehn bis 15 Jahren werden durch blutsaugende Insekten übertragene Erkrankungen sicherlich zunehmen«, sagte Prof. Sven Klimpel, Leiter des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts in Müncheberg (Märkisch-Oderland), der Nachrichtenagentur dpa. »Die Lebensbedingungen für diese Insekten und Krankheitserreger wie Viren und Fadenwürmer werden aufgrund von Wetterextremen und Klimawandel immer besser.«

Mit dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg, der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage (KABS) und anderen Partnern wollen die Müncheberger in einem von der Leibniz-Gesellschaft finanzierten Projekt deutschlandweit erforschen, welche Mückenarten wo vorkommen und ob sie Viren übertragen können. Das Müncheberger Institut soll laut Klimpel künftig Anlaufpunkt für Fragen rund um Stechmücken werden.

Mittlerweile seien der KABS 48 einheimische und exotische Mückenarten in Deutschland bekannt, darunter auch der Japanische Buschmoskito und die Asiatische Tigermücke, die das Dengue-Virus übertragen kann, erklärte Klimpel. »Auch heimische Mücken der Gattung Culex könnten theoretisch Viren wie das Westnil-Virus übertragen, dies sollen jedoch die Untersuchungen zeigen«, so der Experte.

In Nordamerika gab es vor wenigen Jahren Tausende Westnilfieber-Erkrankungen mit 500 Todesfällen. Das Virus war durch Zugvögel eingeschleppt worden. Mücken, die Vögel und Menschen stechen, verbreiteten es. In Europa habe es diese Erkrankungen bislang nur vereinzelt im Mittelmeerraum gegeben, sagte Klimpel. Die Gefahr drohe nicht nur durch Exoten. »Bei einheimischen Stechmücken aus Süddeutschland haben Kollegen vom BNI und KABS 2009 und 2010 Sindbis-, Batai- und Usutu-Viren nachgewiesen«, berichtet der Experte. Die aus Afrika und Asien stammenden Erreger könnten etwa Gelenkbeschwerden und hämorrhagische Fiebererkrankungen hervorrufen. Doch wie die Mücken an die Viren gelangten, sei noch unklar.

Im Juli und August wollen die Insektenforscher deutschlandweit Mückenfallen aufstellen und Wetterdaten sammeln. Die Müncheberger untersuchen unter anderem Berlin und Brandenburg. Klimpel geht davon aus, dass dort viele der bundesweit vorkommenden Mückenarten heimisch sind. Diese Regionen seien besonders interessant, da mit den großen Flüssen wie Spree, Oder, Neiße und den Seenlandschaften sehr gute Brutbedingungen für Stechmücken existieren. »In Müncheberg werden wir die Mücken morphologisch und molekularbiologisch bestimmen«, erklärte Klimpel. Das Institut verfügt über eine der größten Insektensammlungen bundesweit.

Gleichzeitig werde untersucht, ob die Mücken Viren tragen und diese auch übertragen können. In drei bis vier Jahren rechnet Klimpel mit verwertbaren Daten für eine deutschlandweite Mückenkarte. Langfristiges Ziel ist ein Frühwarnsystem. dpa/ND

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