Mehrheit für den Ex-Sozialisten
Frankreich: FKP kürte Mélenchon zu ihrem Präsidentschaftskandidaten
Der Ex-Sozialist und Chef der Partei der Linken (Foto: AFP/Demarthon) war der Wunschkandidat der FKP-Parteiführung. Doch gegen ihren Willen hatten sich auch zwei Kommunisten um die Kandidatur beworben – der Abgeordnete André Chassaigne, für den bei der Basisabstimmung 36,82 Prozent der Parteimitglieder votierten, und Emmanuel Dang Tran, Sekretär einer Pariser Grundorganisation, für den allerdings nur 4,06 Prozent der Stimmen abgegeben wurden. An der Basisabstimmung nahmen 48 631 Kommunisten teil. Das sind 70,25 Prozent der Parteimitglieder, die mit ihren Beiträgen auf dem Laufenden und damit stimmungsberechtigt waren.
Die Ergebnisse waren allerdings sehr unterschiedlich je nach Region und den dortigen Kräfteverhältnissen an der Parteibasis. So wurden beispielsweise für Mélenchon im Departement Yonne 87,5 Prozent der Stimmen abgegeben, während er im Departement Haute-Saône mit 15,66 Prozent nur auf den dritten Platz kam. Für Chassaigne votierten in seinem Heimatdepartement Puy-de-Dôme 80,43 Prozent der Kommunisten, und der landesweit weit abgeschlagene Dang Tran konnte im Department Haute-Saône mit 65,66 Prozent der Stimmen seine beiden Kontrahenten weit hinter sich lassen.
André Chassaigne erkannte den Sieg von Jean-Luc Mélenchon an und bezeichnete die Wahl als »Erfolg für die Linksfront«. Die Linksfront müsse zeigen, dass sie eine andere politische Praxis repräsentiert als die anderen Formationen, bei denen nur zu oft persönliche Ambitionen und »Polit-Spektakel« im Vordergrund stehen, erklärte Chassaigne. Allerdings komme es für die Linksfront auch unbedingt darauf an, »eine kollektive Kampagne zu führen«. Unter Bezug auf dieses Bekenntnis von Chassaigne erklärte die Parteiführung, dass »nahezu 96 Prozent der Kommunisten für die Linksfront und die Strategie eines Zusammenwirkens all ihrer Komponenten« gestimmt hätten. Nationalsekretär Pierre Laurent begrüßte das »hohe Verantwortungsbewusstsein«, das in dem Votum zum Ausdruck gekommen sei, »wie immer auch ihre Meinung gewesen sein mag«. Es sei »ein starkes Signal an die Adresse aller Franzosen«.
Zu einem ganz anderen Schluss kam der Abgeordnete André Gérin, der zunächst auch kandidieren wollte, sich aber dann zugunsten von André Chassaigne zurückgezogen hatte. Dass die FKP ihre Interessen im Präsidentschaftswahlkampf einem Kandidaten anvertraue, für den »weniger als 60 Prozent der Kommunisten gestimmt haben«, ist für ihn ein »historischer Bruch« und komme einer »Selbstaufgabe« der Partei gleich. Abgesehen von 1974, als die FKP zur Wahl des Sozialisten François Mitterrand aufgerufen hat, habe es immer einen kommunistischen Präsidentschaftskandidaten gegeben. Dabei erzielte 1969 Jacques Duclos 21,27 Prozent der Stimmen und 1981 George Marchais 15,4 Prozent, während 2007 Marie-George Buffet mit nur 1,93 Prozent das historisch schlechteste Ergebnis erzielte.
Mélenchon äußerte sich »geehrt« durch die Abstimmung der Kommunisten und bezeichnete ihre Entscheidung als »außergewöhnlich in einer außergewöhnlichen Situation, die wir durchleben«. Allen Skeptikern zu Trotz beweise dieses Votum, »dass sich eine politische Partei einzig und allein an den Interessen des Volkes orientieren kann«.
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