Kuscht Athen, gibt's neue Euros

EU-Hilfen für Griechenland aufgeschoben – erst muss das Parlament Sparpaket beschließen

Die Verhandlungen um Finanzhilfen für Griechenland nehmen immer merkwürdigere Formen an: Die längst beschlossenen Kredite werden nur dann weiter ausgezahlt, wenn Athen das neue Sparpaket beschließt.

Die Euro-Finanzminister setzen auf das Prinzip Hängepartie: Bei einem siebenstündigen Krisentreffen in Luxemburg in der Nacht zum Montag konnten sie sich nicht auf die Freigabe der nächsten Kredittranche in Höhe von zwölf Milliarden Euro aus dem Hilfspaket von 2010 für Griechenland einigen. Erst wenn das Parlament in Athen das neue Spar- und Privatisierungspaket der Regierung beschlossen habe, »kann die Auszahlung pünktlich erfolgen und Griechenland wird nicht zahlungsunfähig werden«, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag.

Ohne die frischen Kredite von EU und IWF würde der griechischen Regierung in rund einem Monat das Geld ausgehen. Ende Juni stimmt das Parlament in Athen über Sparmaßnahmen im Umfang von 28,4 Milliarden und Privatisierungen von 50 Milliarden Euro ab. Dem Zeitplan der Euro-Finanzminister zufolge würden diese bei einem weiteren Sondertreffen am 3. Juli grünes Licht für die Auszahlung der Kredite geben, die dann Mitte Juli fließen könnten. An den Finanzmärkten gab der Euro am Montag erneut nach. Während die Risikoaufschläge griechischer Anleihen weiter anstiegen, fiel die Rendite deutscher Staatstitel.

Zuvor war erwartet worden, dass die Euro-Minister der Auszahlung bei ihrem Treffen bereits zustimmen. Aber dieses wurde überschattet vom Disput über eine von der deutschen Regierung geforderte verbindliche Beteiligung privater Gläubiger an einem zweiten Rettungspaket für Griechenland. Man einigte sich auf einen Kompromiss, wonach sich Banken und Versicherungen freiwillig beteiligen sollen. Doch die Details sind völlig unklar: Während die meisten Euro-Länder dafür sind, dass Gläubiger beim Auslaufen griechischer Anleihen neue kaufen, will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen sofortigen Umtausch gegen längerlaufende Bonds durchsetzen. Dagegen spricht sich auch die Europäische Zentralbank aus – Begründung: Athen würde dann an den Finanzmärkten als zahlungsunfähig eingestuft, wodurch griechischen Banken der Bankrott drohe. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker nannte die Debatte daher ein »Spiel mit dem Feuer«. Belgiens Finanzminister Didier Reynders warnte, bei einer Zahlungsunfähigkeit Athens könnten andere Schuldner wie Irland, Portugal, Spanien, Italien sowie vielleicht auch Belgien und Frankreich in den Fokus geraten.

In Athen versammeln sich vor dem Parlamentsgebäude weiterhin allabendlich tausende »Empörte Bürger«, um gegen die Sparpolitik der sozialistischen Regierung zu protestieren. Für heute ist anlässlich der Abstimmung über die Vertrauensfrage von Premier Giorgos Papandreou eine neuerliche Großdemonstration geplant. Inzwischen lassen sich dort auch Neonazis blicken, die den Protest für eigene Zwecke zu instrumentalisieren versuchen und das »Diktat« von EU und IWF anprangern.

Auch die Streiks gegen die Privatisierungspläne gingen weiter. Beschäftigte des staatlichen Stromversorgers DEI drohten mit Stromunterbrechungen für den Fall, dass die Regierung an ihrem Plan festhalte, 17 Prozent des Unternehmens zu verkaufen.

Während die Hängepartie um die Griechenland-Hilfen andauert, beschlossen die Finanzminister aller 27 EU-Staaten am Montag in Luxemburg den ab 2013 geplanten dauerhaften Rettungsmechanismus. Die 700 Milliarden Euro bestehen vor allem aus Garantien der Mitgliedsländer. Ferner segneten die Minister die Ausweitung des bisherigen Euro-Rettungsfonds EFSF von rund 250 Milliarden auf 440 Milliarden Euro ab.

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