Änderung des Arbeitsvertrages als Druckmittel

  • GERD SIEBERT
  • Lesedauer: 3 Min.
Täglich stehen Arbeitnehmer vor der Frage, vom Arbeitgeber geforderte Änderungen des Arbeitsvertrages zu akzeptieren oder die Kündigung zu riskieren. Bei den angestrebten Veränderungen kann es sich um Verlegung der Arbeitszeiten, der Pausen oder um Einführung einer Spätschicht handeln, aber auch um gravierende Einschnitte wie Zuweisung oder Entzug bestimmter Aufgaben, Kürzung von Lohn- und Gehalt, Versetzung in ein anderes Werk usw. Steht man allein vor einer solchen Situation, ist in der Regel guter Rat teuer. Schon leichter ist es, wenn ein Betriebsrat existiert, weil durch die Absichten des Arbeitgebers automatisch auch Beteiligungsrechte des Betriebsrats ausgelöst werden, so dass man die Angelegenheit nicht allein durchstehen muss. Der Einzelne muss zunächst prüfen, ob die angestrebte Veränderung eine Festlegung im Arbeitsvertrag berührt bzw. aufhebt. Ist das der Fall, hat man sich zu entscheiden, ob einem die Beibehaltung der alten Regelung so wichtig ist, dass man dafür einen Konflikt riskieren würde und welche Konsequenzen dieser haben könnte. Mit Betriebsrat im Haus ist der Arbeitgeber verpflichtet, diesem die geplanten Änderungen vorzutragen und mit ihm zu beraten. In Arbeitszeitfragen, bei Versetzungen, Umsetzungen und Änderungen der Eingruppierung hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bis hin zur Verweigerung der Maßnahme und abschließendem Spruch der Einigungsstelle. Handelt es sich um einzelne Arbeitnehmer, deren Vertragsinhalt geändert werden soll, muss sich neben dem Betriebsrat (z.B. Zustimmungsverweigerung gemäß § 99 Betriebsverfassungsgesetz) auch der betroffene Arbeitnehmer entscheiden, ob er die angebotene andere Tätigkeit unter veränderten Vertragsbedingungen akzeptieren will. Ein Betriebsrat allerdings würde vorher schon geprüft haben, ob der Arbeitgeber die auch bei Arbeitsvertragsänderung mit erforderlicher Änderungskündigung notwendige soziale Auswahl vorgenommen hat. Können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Vertragsänderung nicht einigen, so pflegt meistens die Änderungskündigung zu folgen. Bis zum Ablauf der Frist muss sich der Arbeitnehmer entscheiden, ob er die veränderten Arbeitsbedingungen unterschreibt oder ob sie ihm so unzumutbar erscheinen, dass er einen Konflikt und den drohenden Verlust des Arbeitsplatzes riskiert. Der Arbeitgeber darf keine Vertragsänderungen erzwingen, die gegen geltende Gesetze, Tarifverträge oder Arbeitsschutzverordnungen verstoßen. Nur wo er ein freies Direktionsrecht hat, kann er Veränderungen durchsetzen. Arbeitnehmer, die nicht ohne weiteres die Veränderung ihrer Vertragsbedingungen akzeptieren wollen, können die dann ausgesprochene Änderungskündigung unter Vorbehalt annehmen. Dieser Vorbehalt muss innerhalb drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung erklärt werden. In der arbeitsgerichtlichen »Änderungsschutzklage« prüft das Gericht, ob die Vertragsänderungen zulässig sind. Selbst wenn der Arbeitnehmer in dem Verfahren unterliegt, besteht das Arbeitsverhältnis unter den veränderten Bedingungen weiter. Wer die Vertragsänderungen ohne diesen Vorbehalt direkt ablehnt (was nur tut, wer Klage auf Weitergeltung der alten Bedingungen erheben will), verliert den Arbeitsplatz automatisch mit dem Scheitern seines Prozessbegehrens. Annahme nur unter Vorbehalt ist also die bessere Variante.

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