Der nächste Mensch? Der Kumpel
Schauspieler Günter Junghans wird 70
Vor einiger Zeit gab er Lessings Nathan in Potsdam. Er spielte ihn ernst, ohne falsche Innerlichkeit, spielte ihn mit jener klugen Unterkühlung, die vor seelischer Preisgabe in gefährlicher Welt schützt. Die Ring-Parabel: Nathan ganz konzentriert, da band einer keine Geistes-Kränze, da wand sich einer hochspannend aus der Schlinge des Verhörs. Zweifellos eine reizvolle Verknüpfung: Lessing und dieser Leibhaftige des sympathisch rohen Lakonismus; da kreuzten sich klassisch leise Gedankentiefe und die Geradlinigkeit eines kräftig Bodenständigen.
Günter Junghans hat in Potsdam seine Theateranfänge durchlebt, dann prägte er viele Jahre das Ensemble der Berliner Volksbühne mit. In Heiner-Müller-Inszenierungen von Fritz Marquardt, dem vertrackten Querulanten, und dem brillanten Modernisierungs-Duo Karge/Langhoff. Ein sinnfällig verdruckster Franz Moor in den legendären »Räubern«. Neben Arno Wyzniewskis Karl Moor beeindruckte Junghans als tückischer Kretin und maßlos wütende Missgestalt. Manfred Karge und Matthias Langhoff hatten einen Kult-Abend geschaffen, der Westdeutschlands Studentenrevolte als sehnsüchtiges Spiel von Freiheit und Rebellion in die vermauerte DDR holte. Im Repertoire des Komödianten, in vielen Filmen, fehlte es nicht an Verschlagenen und Grobschlächtigen, deren Sonne das Zwielicht, deren Trieb die kleine Gemeinheit oder gar das große Verbrechen war.
Junghans' Witz – der Leipziger lernte Schlosser – kommt von der Straße. Seine Kraft scheint hinter Werkstoren ausgebildet worden zu sein. Sein Zugriff auf die Welt ist ein plebejischer; und der ihm nächste Mensch ist wohl immer der Kumpel. Günter Junghans – heute 70 – etablierte sich in seiner Laufbahn als ein Schauspieler, dem eine Lederjacke stets wie eine zweite Haut war. Ein Darsteller polternder Naivität und herzlicher bis ruppiger Unmittelbarkeit.
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