Ein Moscheebrand in Bergkamen

NPD geht auf Distanz, ein SPD-Politiker laviert

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Schwierige Gemengelage: Nach einem Anschlag auf einen Moschee-Rohbau in Bergkamen in Nordrhein-Westfalen gerät der SPD-Bürgermeister in die Kritik, weil er die Tat verharmlose. Nachdem ein Tatverdächtiger verhaftet wurde, distanzieren sich dessen NPD-Kameraden von ihm. Derweil schwingen sich die islamistischen Moschee-Bauherren zu Verteidigern demokratischer Tugenden auf.

Zum unguten Schluss sah sich auch der lokale Ableger der NPD bemüßigt, Stellung zu beziehen zu jener Brandanschlagserie, die Bergkamen an den beiden letzten Juliwochenenden in Atem hielt. Ja, der unlängst im Zusammenhang mit diversen Brandstiftungen verhaftete Björn M. »hat einige Zeit unserem Kreisverband angehört«, hieß es. In dieser Zeit sei M. aber »weitgehend passiv und unauffällig geblieben«. Und: »Was er nun gestanden hat, reicht ... für uns, ihn aus der Gemeinschaft der NPD zu entfernen.«

Milli Görüs meldet sich

Schließlich sei die NPD »kein Platz für kriminelle Narren«, behaupteten die Kameraden – allerdings erst vier Tage nachdem die Polizei erklärt hatte, die Brandstiftungsserie sei aufgeklärt, und Björn M. als Tatvedächtigen präsentierte. M. habe einen Teil der Anschläge gestanden und stehe »dem rechten politischen Spektrum nahe«, so der Polizeibericht. Das Amtsgericht Kamen erließ Haftbefehl wegen schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung.

Neun Brandstiftungen soll der 23-Jährige, teils zusammen mit einem gleichaltrigen weiteren Tatverdächtigen, in der Bergkamener Innenstadt begangen haben. Insbesondere geht es um einen Brand im Rohbau einer Moschee, der nach Polizeiangaben »erheblichen Sachschaden« verursachte. Letzteres geschah just einen Tag nach der Mordserie von Oslo.

An beiden Samstagen wurde Feuer in einem Haus in der Hubert-Biernat-Straße gelegt. Dort wohnen überwiegend Migrantenfamilien. Bewohner berichteten von Nazi-Schmierereien im Hausflur. Es gebe seit vielen Jahren NPD-Strukturen in Bergkamen, in jüngster Zeit auch eine »Ortsgruppe Bergkamen« des Zusammenschlusses »Nationaler Widerstand Unna«, schreiben lokale Antifaschisten. Die NPD, zu deren Sorgen ein drohendes Verbotsverfahren zählt, distanzierte sich also schließlich von Björn M., zumal 40 Kilometer weiter in Bochum ein weiterer NPD-Kader wegen Sprengstoffanschlägen für Schlagzeilen sorgt. Derweil versuchen die Bauherren der attackierten Moschee politisches Kapital aus dem Anschlag zu schlagen. Die Rede ist von der umstrittenen »Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs« (IGMG).

Die IGMG wirft dem Bergkamener Bürgermeister Roland Schäfer vor, nicht sofort zum Tatort geeilt zu sein. Außerdem beschuldigen die Islamisten den Sozialdemokraten, er habe den Brandanschlag verharmlost: »Ein islamfeindlicher Brandanschlag auf eine Moschee ist nicht vergleichbar mit dem Anstecken von Müllcontainern oder dem Abbrennen von gelben Säcken«, wettert Oguz Üçüncü, der Generalsekretär von Milli Görüs in Deutschland, über entsprechende Äußerungen Schäfers vor laufender Kamera.

Indirekt fordert Üçüncü Schäfer zum Rücktritt auf – zumindest jedoch eine Entschuldigung für die »geschmacklose Relativierung«. Schäfer hingegen rechtfertigt sich, er könne nicht zu jedem Brandort eilen, dafür gebe es derer in Bergkamen zu viele. Seine Aussagen in einem Beitrag des ARD-Magazins »Monitor« seien aus dem Zusammenhang gerissen. Insbesondere aber sei bei diesem Anschlag, im Gegensatz zu anderen Anschlägen der Serie, kein Menschenleben gefährdet worden.

Mitbetreiber eines Internats

Offenbar will Schäfer sich auch keine allzu große Nähe zu Milli Görüs nachsagen lassen – die Bewegung gilt als islamistisch, ihr werden antisemitische und antidemokratische Tendenzen nachgesagt. Sie ist in Deutschland nicht verboten, wird aber vom Verfassungsschutz beobachtet.

In Bergkamen ist die IGMG Mitbetreiber eines Frauen- und Mädcheninternates mit bundesweitem Einzugsbereich. Die IGMG-Oberen rühmten sich 2009 damit, »dass die Absolventinnen dieser Schule den Islam fest in ihrer Persönlichkeit verankert« hätten.

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