Kurzsichtige Bildungspolitik
Indonesien: Forderung nach strengeren Prüfungen für indonesische Schüler stößt auf Widerspruch
Kalla, ein Schwergewicht innerhalb der konservativen Golkar Partei (bis zu seinem Sturz 1998 die Hausmacht des damaligen Diktators Suharto), ging mit seinen Überlegungen am 21. August vor die Presse. Dass er einen solchen Sturm der Entrüstung ernten würde, hätte er wohl selbst nicht erwartet, auch wenn mit scharfem Widerspruch zu rechnen war. »Wir können die Schüler nicht länger so leicht durch die Examen kommen lassen«, hatte der Politiker gesagt und darauf verwiesen, dass mit der Weiterentwicklung des Bildungswesens allgemein auch eine Steigerung beim Abschluss nötig wäre.
»Scheindebatte«, »falsche Argumentation«, »Übersehen der eigentlich wesentlichen Faktoren« waren die wütenden Reaktionen seiner Kritiker, die Kalla vorwerfen, sich bei unbestrittener Reformbedürftigkeit des Bildungssektors extrem einseitig an diesem Punkt festzuklammern. Dabei sei beispielsweise die in allen Gesellschaftsbereichen grassierende und damit auch die Schulen nicht aussparende Korruption ein weitaus ernsteres Problem, wird beispielsweise Jumono in der Tageszeitung »Jakarta Globe« zitiert. Jumono, der wie viele Indonesier nur einen einzigen Namen hat, ist Vorsitzender der Elternvereinigung APPI (Alliance of Parents Concerned about Education).
Mit seinem Widerspruch steht Jumono nicht allein. Auch Nurkholis Hidayat, Direktor der Jakarta Legal Aid Foundation (LBH Jakarta), warnt vor solchen Änderungen. Zwar ist er nicht prinzipiell gegen anspruchsvollere Prüfungsaufgaben. Allerdings dürfe dies nicht allein über das Weiterkommen von Jugendlichen entscheiden. Er verwies auf große Qualitätsdifferenzen, die es auch zwischen den einzelnen Regionen des riesigen Landes gebe. Indonesien besteht aus 17 000 Inseln, und schon auf den größten wie Java, Sumatra, Bali und dem besonders rückständigen Papua sind die sozialen Unterschiede in allen Bereichen recht hoch. Das schließt ausdrücklich auch das Bildungswesen ein. »Was wir brauchen, sind Verbesserungen beim Lernprozess, nicht höhere Hürden in den Examen«, mahnte Jumono. In ähnlicher Weise fordert LBH-Chef Nurkholis landesweit vergleichbar gute Lernbedingungen und ordentlich ausgebildete Lehrkräfte. Bislang könne von Chancengleichheit keine Rede sein.
Die letzte Prüfungsreform liegt noch gar nicht so weit zurück. Erst seit diesem Jahr ist es gängige Praxis, das Abschneiden bei den Examen nur zu 60 Prozent in die Abschlussnote einzubeziehen. Die restlichen 40 Prozent addieren sich nunmehr aus den Vornoten der beiden letzten Jahre sowie den Ergebnissen der Halbjahrestests. Um zu bestehen, muss der Schüler wenigstens vier von zehn Punkten in jedem der sechs nationalen Prüfungsfächer erreichen.
In Sachen Korruption hat auch der Bildungssektor immer wieder Skandale vorzuweisen. Erst dieser Tage wurde der University of Indonesia, einer der renommiertesten Hochschulen des Landes, Manipulation bei der Aufnahme von Studenten vorgeworfen.
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