Possenspiel der CDU
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wirbt derzeit bei der CDU-Basis für ihr Schulmodell, das die Abschaffung der Hauptschule vorsieht. Widerstand kommt von konservativen Parteifunktionären – vor allem aus dem Süden der Republik. In Berlin sehen sich die Verfechter des gegliederten Schulsystems in der Union noch mit ganz anderen Problemen konfrontiert – sie müssen gegen ihre eigene Klientel Politik machen. So möchten im Bezirk Reinickendorf eine Grundschule und eine benachbarte Oberschule zu einer Gemeinschaftsschule fusionieren. Kaum ein anderes Projekt in Berlin, das einen Antrag auf Umwandlung zur Gemeinschaftsschule stellte, erfüllt so passgenau die Voraussetzungen: Es kann sich der Unterstützung der Lehrer und Eltern erfreuen, bekommt gehörigen Zuspruch seitens der ortsansässigen Industrie und aller Parteien – außer von der CDU. Schulstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) will Reinickendorf als einzigen Berliner Bezirk frei von Gemeinschaftsschulen halten – und wenn dafür ein Elefant durch das Nadelöhr gehen muss.
Seit mehreren Jahren pflegen die beiden Schulen einen engen Austausch. Räumlich direkt nebeneinander unterrichten sie Kinder des Märkischen Viertels, einer Trabantenstadt in Berlins gutbürgerlichem grünen Norden, die heute als sozialer Brennpunkt gilt. 55 Prozent der Grundschulkinder haben eine Gymnasialempfehlung. Die Befürworter des Gemeinschaftsschulprojekts verweisen zudem auf das hohe Maß an Selbständigkeit und sozialer Kompetenz der Kinder – Fähigkeiten, die diese Gesellschaft dringend braucht und auf die auch die Industrie sehnsüchtig wartet. Doch eine mündige Gesellschaft liegt der CDU in Reinickendorf offenbar fern. Die Auseinandersetzung um Stuttgart 21 zeigte, was passiert, wenn sich eine breite Bürgerschicht einig ist.
Die Autorin ist Erziehungswissenschaftlerin und lebt in Berlin.
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