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Verseuchtes Trinkwasser?
Verbandschef Abel Chaves über boomenden Ananasanbau in Costa Rica / Abel Chaves Trigueros ist Direktor des Verbandes der Ananasproduzenten Costa Ricas und Chef des Fruchtexporthauses Frucori
ND: Die Ananasanbaufläche in Costa Rica ist in den letzten Jahren förmlich explodiert. Auf wie viel Hektar wird aktuell angebaut?
Abel Chaves: Wir gehen von rund 45 000 Hektar Anbaufläche aus. Im letzten Jahr wurden 1,8 Millionen Tonnen Ananas aus Costa Rica exportiert – als Frischfrucht, Saft und in Konserven. Wir haben damit rund 763 Millionen US-Dollar generiert.
Ist die Ananas das Exportprodukt Nummer Eins von Costa Rica?
Nein wir liegen knapp hinter der Banane, aber vor dem Kaffee.
Wie viele Arbeiter sind in der Ananasproduktion tätig?
Wir beschäftigen rund 27 500 Arbeiter direkt, an dem Sektor hängen aber indirekt noch etliche Tausend Arbeitsplätze.
Laut internationalen Berichten ist der Pestizideinsatz in der Produktion sehr hoch. In mehreren Dörfern in der Anbauregion wie Milano oder El Carmen wird die lokale Bevölkerung von Tankwagen mit Trinkwasser beliefert, weil die lokalen Quellen kontaminiert sind. Was tut Ihr Interessenverband in diesem Kontext?
Das müssen Sie die lokalen Behörden fragen. Von Seiten unseres Verbandes verfügen wir über keine Informationen bezüglich einer Belastung mit Pestiziden durch die Ananasproduktion. Man darf auch nicht vergessen, dass in der Region auch Blumen, Bananen, Knollenfrüchte sowie Vieh gezüchtet werden. Es gibt also mehrere potentielle Ursachen für eine potentielle Kontaminierung des Trinkwassers.
Mehrfach hat es Konferenzen zu dieser Problematik gegeben, aber Vertreter der Produzenten waren oft nicht anwesend.
In der Universität von Costa Rica, wo die letzte dieser Veranstaltungen stattfand, gibt es einen Vertreter der Kommission für Soziales und Umwelt der Ananasvertretung. Alles was dieses Thema betrifft, wird in dieser Kommission bearbeitet.
Kritik gibt es auch immer wieder an den Arbeitsrechten auf den Plantagen. Ich habe mit Arbeitern einer Plantage des US-Unternehmens Collin Street Bakery gesprochen, die berichteten, dass sie systematisch diskriminiert werden, weil sie gewerkschaftlich organisiert sind. Was sagen Sie dazu?
Im Ananasanbau in Costa Rica respektiert man die Rechte der Arbeiter. Die sind in der nationalen Arbeitsgesetzgebung festgelegt. Aber ich werde den Beschwerden der Arbeiter nachgehen, wenn Sie mir die Namen und die Personalausweisnummern der Arbeiter zukommen lassen.
Als Kritiker namentlich bekannt zu sein, kann für Arbeiter aber problematisch werden. Gibt es von Seiten der Produzentenvereinigung Initiativen, um faire Praktiken im Anbau durchzusetzen?
Ja, die sind in den Sozial- und Umweltvorgaben unserer Vereinigung fixiert und in unseren Vereinbarungen mit dem Landwirtschaftsministerium und dem Technologischen Institut von Costa Rica. Darüber hinaus gibt es einen »Leitfaden der guten Praktiken«, der vom Landwirtschaftsministerium gutgeheißen wurde. Ferner arbeiten wir an einem Übereinkommen mit dem Umweltministerium. Dazu möchte ich auch erwähnen, dass wir bzw. zahlreiche Plantagen international zertifiziert sind – mit dem GlobalGap, dem Siegel der Rainforest Alliance oder des Einzelhandelskonzerns Tesco.
Aber diese Zertifikate bürgen eher für Umweltschutz und nicht unbedingt für die Einhaltung der Arbeitsrechte?
Sie zeigen aber, dass unser Produkt internationalen Standards entspricht.
Fragen: Knut Henkel
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