Freude am Altern

Seniorentheater? Nachgefragt bei: MICHAEL KLIEFERT, Chefdramaturg am Theater Rudolstadt

  • Lesedauer: 2 Min.
In Rudolstadt findet vom 29. September bis 2. Oktober das erste Thüringer Theaterfestival 60plus statt. Unter dem Titel »Ruhestörung« nähern sich neun Theatergruppen mit fünfzehn Aufführungen dem Thema Alter und Älterwerden. Darunter sind Amateurgruppen wie auch professionelle Ensembles. ND

ND: Ihr Festival trägt den Namen »Ruhestörung«. Wen wollen sie wobei stören?
Kliefert: Wir wollen alle Leute stören, die denken, dass Alter nur mit Negativ-Schlagzeilen belegt ist, mit Pflegenotstand, Altersarmut, Vergreisung der Gesellschaft. Wir wollen die besonderen Chancen und die Freuden dieser dritten Lebenszeit erlebbar machen.

Welche Vorzüge gibt es?
Alte Menschen haben viel einzubringen. Sie haben Humor, sind körperlich aktiv, können selbstironisch auf ernste Themen blicken. Mit Widersprüchen können sie besser umgehen als junge Menschen, sie sind gelassener und müssen sich nicht mehr so dem Druck des Marktes anpassen.

Deutschland wird immer älter. Ist Seniorentheater das Theater der Zukunft?
Das hoffe ich nicht. Aber es ist ein Thema, das immer mehr in den Blick gerät. Wir haben es mit einer großen Publikumsschicht zu tun, die wir vielfältiger bedienen müssen. Die Alten von heute sind länger fit. Nicht umsonst ist 2012 das »Europäische Jahr für aktives Altern und die Solidarität zwischen den Generationen«.

Auf Ihrer Internetseite steht der Satz: »Die Kunst hat das Privileg zu träumen.« Wovon träumen die Festivalteilnehmer in Rudolstadt?
Von der Lust am Leben und dem Mut, sich selbst zu überraschen. Davon, sich zu zeigen und ihre Geschichte zu erzählen. Mit jüngeren Generationen in Kontakt zu kommen. Aber sie wollen auch einfach mit ihren Altersgenossen feiern. Wir entwerfen hier keine großen Utopien. Gute Laune bei dem Thema Altern zu stiften, ist progressiver, als in die üblichen Angstszenarien einzustimmen.

Müssen die Darsteller über 60 Jahre alt sein?
Nein, nicht alle. Wir wollen, dass eine Durchmischung stattfindet und sich auf der Bühne mehrere Generationen mit dem Thema befassen. Der jüngste Teilnehmer ist 9, der älteste 82 Jahre alt.

Es ist das erste Thüringer Theaterfestival 60plus. Gibt es Vorbilder?
Ja. Deutschlandweit ist es das zweite Festival dieser Art. Im letzten Jahr gab es in Hamburg »Herzrasen«, dort bereits zum dritten Mal. Sicher werden bald andere Bundesländer nachziehen.

Rudolstadt veranstaltet jährlich eins der größten Folkfestivals Europas. Wollen Sie in diese Fußstapfen treten und nun auch die Theaterszene erobern?
Natürlich ist Rudolstadt bei vielen mit dem Tanz- und Folk-Festival verbunden. Wir hoffen von der Festivaltradition und der Aufgeschlossenheit zu profitieren. Es ist ein Anfang. Und wir wünschen uns eine Fortsetzung in zwei Jahren

Interview: Jenny Becker

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