Empörte besetzen weiter
Regionalregierung in Spaniens Hauptstadt räumte »Hotel Madrid«
Tausende fanden sich am Montagabend in den Straßen Madrids ein und demonstrierten mehr als drei Stunden lang durch die Innenstadt, um gegen die Räumung des »Hotels Madrid« zu demonstrieren. Das Hotel nahe der »Puerta del Sol«, dem Zentrum der »Indignados« (Empörte), hatte sich zum neuen Wahrzeichen der Bewegung entwickelt. Die Demonstranten beklagten, dass Opfer der Immobilienblase durch die Räumung des Hotels erneut zu Opfern geworden seien. Denn das leer stehende »Hotel Madrid« wurde am 15. Oktober besetzt, um Familien ein Obdach zu bieten, die aus ihren Wohnungen geworfen worden waren. Viele können wegen Arbeitslosigkeit die Hypotheken auf ihre Wohnungen nicht mehr bezahlen. Seit Beginn der Krise haben daher Kreditinstitute mehr als 300 000 Zwangsräumungen beantragt, kritisiert die Plattform der Hypothekenbetroffenen (PAH).
Die Obdachlosen im Hotel »Madrid« waren am Montag von 200 Polizisten auf die Straße gesetzt worden, darunter fünf Großfamilien mit Kindern und Großeltern. Die Polizei hatte das Hotel und das angrenzende Theater Albéniz, das auch als Unterkunft genutzt wurde, am frühen Morgen gestürmt. 93 Besetzer wurden sofort rausgeworfen, zehn weitere Personen festgenommen. Bei neun handelte es sich um Einwanderer, deren Papiere angeblich nicht in Ordnung waren.
Geräumt wurde auch ein ehemaliges Marktgebäude im Stadtteil San Blas, das von der Stadtteilversammlung besetzt und als Sozialzentrum für kulturelle Aktivitäten genutzt wurde. Alle drei Gebäude wurden anschließend zugemauert. Der Finanzminister der Region erklärte, man habe in »richterlichem Auftrag« geräumt. Die Besetzungen stellten ein Risiko für die Besetzer und ihre Nachbarn dar.
Die Empörten rechneten mit der Räumung, seit die konservative Volkspartei (PP) die Wahlen am 20. November gewonnen hat. Die Regierung der Sozialisten (PSOE) hatte die Besetzung bisher geduldet. Schon bevor Mariano Rajoy vor Weihnachten neuer spanischer Ministerpräsident wird, zeige seine Volkspartei (PP) in der Hauptstadtregion, dass ein neuer Wind im Land weht, sagte Lorenzo Higueras, einer der Sprecher der Empörten, die daraufhin beschlossen haben, weitere Gebäude zu besetzen. Eigentlich, so Higueras, »ist es die Aufgabe des Staates, den Menschen eine Wohnung zu bieten«. Am 6. Dezember wird in Spanien die Verfassung gefeiert, deren Artikel 47 vorsieht, dass jeder das Recht auf eine »menschenwürdige Wohnung« hat. Derzeit steht eine Million neue Wohnungen leer, gleichzeitig werden Menschen aus ihrer Notunterkunft geworfen.
Die Empörten verweisen auf ihre Volksinitiative, die sich nach der Sammlung von 500 000 Unterschriften nun auf dem parlamentarischen Weg befindet. Die Initiative sieht eine Sozialmiete vor, um hohe soziale und ökonomische Kosten zu vermeiden. Familien sollen in ihren Wohnung bleiben dürfen, auch wenn sie Kredite nicht bedienen können. Die Miete dürfe 30 Prozent des Familieneinkommens nicht überschreiten. Die Vorlage sieht überdies vor, dass die Bankschulden wie in den USA mit der Rückgabe der Wohnung beglichen sind. Nach derzeitiger Rechtslage sitzen viele Familien auch dann noch auf hohen Schulden, wenn sie aus der Wohnung vertrieben wurden, die Bank diese Wohnung bei der Zwangsversteigerung aber nicht verkaufen kann. Die Banken übernehmen die Wohnung dann nur zur Hälfte ihres Schätzwertes.
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