Brennende Autos

Fürth: Neonazi-Szene greift Antifaschisten an

  • Sascha Sefferin
  • Lesedauer: 3 Min.
Rechtsextremisten greifen Antifaschisten an, die Polizei übt offenbar »Zurückhaltung«. Beispiel Fürth.

An dem Ort, an dem Isamil Yasar in Nürnberg von rechtsextremen Terroristen des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) ermordet wurde, findet heute eine Mahnwache statt. Am Samstag ruft die Antifaschistische Linke Fürth (ALF) zu einer Kundgebung auf. Denn innerhalb von drei Jahren brannte das vierte Mal ein Auto von Antifaschisten.

2005 wurde Isamil Yasar in seiner Imbissbude von Neonazis ermordet. Das Nürnberger Bündnis Nazistopp hat diesen Ort für den Beginn der Demonstration gewählt, um den - so vermuten Experten - 182 Opfern des rechten Terrors seit 1990 zu gedenken. Aber auch um gegen die damit verbundene Aufklärungspolitik zu protestieren. »Die bisher bekannt gewordenen Fakten zeigen deutlich, wie verstrickt die deutschen Inlandsgeheimdienste mit der Neonazi-Szene sind«, so dass Bündnis. Die Demo-Route verläuft an Orten, an denen Morde oder Übergriffe durch Neonazis stattfanden und endet am Plärre. Dort war im April vergangenen Jahres ein Nazigegner fast umgebracht worden - vom Fürther Peter R., einem Mitglied des militanten Freien Netz Süd (FNS).

Die Region kommt nicht zur Ruhe. Vor knapp zwei Wochen brannte das Auto eines Fürther Antifaschisten. Die Polizei schätzt den Sachschaden auf 5000 Euro. »Es ist noch zu früh zu sagen, wer die Täter sind«, sagte der Pressesprecher der Polizei Michael Sporrer gegenüber »nd«.

Der Geschädigte Martin Zwickel* vermutete, dass das Auto vorsätzlich in Brand gesteckt wurde. Das verneinten Polizisten am Tatort zwar, doch ein Feuerwehrmann fischte ein größeres Stück Grillanzünder aus dem Löschschaum. Zwickel wurde außerdem mitgeteilt, dass die Spurensicherung nicht zum Tatort kommen werde. Sporrer dagegen sagte, »die Spurensicherung sei vor Ort gewesen«. Tags darauf fand Zwickel weitere Brandbeschleunigerreste in der Nähe des Tatortes. Erst nach mehreren Anrufen bei der Polizeiinspektion Fürth wurden alle Reste, auch die am Fahrzeug, gesichert.

»Obwohl Fürth seit Jahren als eine der sichersten Großstädte Deutschlands gilt, hat es die Polizei bisher nicht geschafft, auch nur einen dieser Anschläge aufzuklären«, so ein Sprecher der ALF. 2008 wurden Haus und Auto der im Fürther Bündnis gegen Rechts organisierten Familie Brenner besprüht, die Autoreifen zerstochen. Damals verwendeten die Täter eine seltene Farbe, die nur für den Schwimmbadbau benutzt wird. Dies wurde von der Versicherung festgestellt und der Polizei mitgeteilt. Denn die Polizei hatte keine Proben genommen. Die Farbe ist nur in wenigen Geschäften und im Großhandel erhältlich. Die beiden Aktivisten des FNS, Matthias F. und Sascha R., arbeiten als Maler.

Matthias F. wurde erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassen. In den 20 Monaten, in denen er inhaftiert war, gingen die Angriffe gegen politische Gegner zurück. Bei einer Veranstaltung Ende Oktober sagte er: »In Fürth gibt es viel zu tun für uns Nationalisten und ich möchte mich wieder voll einsetzen, um unser Anliegen voranzubringen!« Insider vermuten, dass das FNS mit dem Brandanschlag ein Zeichen setzen wollte. Sie wollten zeigen, dass sie auch nach den Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes unbeeindruckt sind von den verstärkten Ermittlungen der Polizei.

Für die ALF »ist es nicht verwunderlich, dass bisher kein einziger Nazianschlag von der Fürther Polizei aufgeklärt wurde, betrachtet man den bisherigen Ermittlungsverlauf.« Zwickel ist empört und schockiert über den Anschlag. »Aber wir werden uns nicht zurückziehen, sondern weiterhin gegen Nazis auftreten.« So ist für Samstag 13 Uhr in der Fürther Fußgängerzone eine Kundgebung angemeldet. Motto: »Naziterror stoppen! Verfassungsschutz abschaffen!«

* Name geändert

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