Der »junge Kapitän« betritt die Brücke

Kim Jong Un folgt Großvater und Vater

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Angesichts der offensichtlich angeschlagenen Gesundheit des »Geliebten Führers« wurde insbesondere in Südkorea bereits seit Jahren über die »Thronfolge« in der vermeintlich kommunistischen Dynastie im Norden der Halbinsel spekuliert. Südkoreanische Geheimdienste entließen keinen Überläufer aus dem Norden, ohne ihn ausgiebig zu seinem Wissen über Zustände und Vorgänge in der Familie Kim verhört zu haben. Drei Söhne hatte Kim Jong Il demnach, und jeder der drei wurde auch schon als wahrscheinlicher Nachfolger seines Vaters bezeichnet: Kim Jong Nam, Kim Jong Chol und Kim Jong Un. Während Jong Nam der zweiten Ehe seines Vaters entstammt, wurden seine jüngeren Halbrüder Jong Chol und Jong Un von dessen dritter Frau, der ehemaligen Tänzerin Ko Yong Hi, zur Welt gebracht. Die in Japan geborene Mutter war 2004 verstorben.

Der Japaner Kenji Fujimoto, der als Sushikoch im Hause der Kims gearbeitet hatte, zitierte seinen Chef später jedoch mit einem vernichtenden Urteil über Kim Jong Chol: »Der Junge schafft es nicht, er hat zu viel von einer Heulsuse.« Der Jüngste dagegen, Kim Jong Un, sei körperlich wie charakterlich geradezu das Ebenbild seines Vaters.

Seit Jong Uns Geburtstag im vergangenen Jahr zum Feiertag erklärt wurde, weiß man wenigstens, dass er an einem 8. Januar das Licht der Welt erblickte. Ob das indes 1982, 1983 oder 1984 war, ist noch unbekannt. Wie sein Bruder Jong Chol soll er unter falschem Namen eine Schule in der Schweiz besucht und sich als Basketballfan erwiesen haben. Im Anschluss, von 2002 bis 2007, habe er an der heimischen Militärakademie »Kim Il Sung« studiert, heißt es. Danach begleitete er seinen Vater immer wieder bei Besuchen von Militäreinheiten und wurde im April 2008 in die Nationale Verteidigungskommission berufen. Nachdem die KDVR am 25. Mai 2009 ihren zweiten Atomwaffentest unternommen hatte, soll Kim Jong Il das Parlament, die Armee und die Botschafter seines Landes darüber informiert haben, dass er Jong Un zu seinem Nachfolger erkoren habe.

Bis dahin war außerhalb der KDVR nur ein Foto bekannt, das den jüngsten Kim-Sohn in früher Jugend zeigte. Das sollte sich in den folgenden Monaten ändern. Im September 2010 wurde Kim Jong Un von seinem Vater zum Viersternegeneral befördert und ins Zentralkomitee der Partei der Arbeit Koreas berufen. In deren Militärkommission fungierte er fortan als Vizechef. Die Medien priesen ihn seither als »brillanten Genossen« und nannten ihn den »jungen Kapitän«. Damit wurde auch im Ausland zur Gewissheit, dass die Nachfolgefrage in Pjöngjang geklärt war.

»Alle Parteimitglieder, Soldaten und die Gesellschaft sollten nun treu der Führerschaft des Genossen Kim Jong Un folgen und die vereinigte Front der Partei, der Streitkräfte und der Gesellschaft schützen und weiter stärken«, hieß es am Montag in einer Meldung der offiziellen Nachrichtenagentur KCNA, die im nordkoreanischen Fernsehen von einem weinenden Sprecher vorgetragen wurde. Sicherlich werden die Nordkoreaner demnächst auch eine offizielle Biografie ihres neuen Führers studieren müssen. Ob und inwieweit dieser Lebenslauf der Realität entsprechen wird, ist angesichts der Mythen und Legenden, die bisher um die Familie Kim gestrickt wurden, allerdings fraglich. Ebenso bleibt vorerst offen, ob der jüngste Kim den Machtapparat tatsächlich in dem Maße wie Großvater und Vater beherrscht. -ries

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