Turbulentes Raumfahrtjahr 2011

USA stehen nach der »Atlantis«-Landung im Juli nun ohne bemannte Raumschiffe da

  • Wolfgang Jung, Andreas Landwehr und Marco Mierke, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
50 Jahre nach dem historischen Raumflug von Juri Gagarin 1961 treiben die USA, Russland und China ihre ehrgeizigen Missionen ins All voran. Experten ist klar: In der Raumfahrt sind wirkliche Fortschritte nur gemeinsam zu erzielen.

Aus für die US-Space-Shuttles, Licht und Schatten für Russland, China als neuer »Stern« am Himmel: 2011 war für die drei großen Raumfahrtnationen ein historisches Jahr. Auch die Europäer mischten mit: Bei der Simulation Mars500 in Moskau kamen zwei der sechs Männer von der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA. Für 2012 sind weitere Meilensteine geplant: Im August soll eine US-Raumsonde auf dem Mars landen, China treibt den Bau einer eigenen Raumstation voran. Russland will sich mit Sojus-Raumschiffen als zuverlässiger Transporteur zur Raumstation ISS erweisen.

2011 begann für Moskau mit den Feiern zum 50. Jahrestag von Gagarins Flug - und wurde zum Horrorjahr. Satelliten gingen verloren, Trägerraketen stürzten ab, es folgte der erfolglose Kampf der Weltraumbehörde Roskosmos um ihre Marsmondsonde »Phobos-Grunt«, die im Januar unkontrolliert abstürzen soll. Der 120 Millionen Euro teure Apparat geriet außer Kontrolle. Nach dem Absturz des Militärsatelliten »Meridian« am 23. Dezember sprach Roskosmos-Chef Wladimir Popowkin von einer »Krise in der Raumfahrt« seines Landes. Doch Russland nimmt weiter eine Schlüsselstellung ein: Seit dem Einmotten der US-Space-Shuttles ist die Sojus das einzige Transportmittel zur Versorgung der ISS.

Seit die »Atlantis« im Juli landte, stehen die USA ohne bemannte Raumschiffe da. Um den Ruf als Vorreiter im All zu wahren, zieht der Chef der NASA, Charles Bolden, mit der Botschaft durch die Welt, der Raumfahrtbehörde stehe eine große Zukunft bevor. »Entgegen der landläufigen Meinung war dies ein unfassbares Jahr.«. Neben der Fertigstellung der ISS sei es gelungen, die Weichen für weltverändernde Missionen zu stellen. Er meint die von Präsident Barack Obama eingeforderten Flüge zu einem Asteroiden bis 2025 und zum Mars rund zehn Jahre später.

Die Ankündigungen wirken beeindruckend. Die größte Trägerrakete in der NASA-Geschichte nahm ebenso Gestalt an wie ein neues Raumschiff für bis zu sechs Astronauten. 2014 schon könnten die unbemannten Testflüge starten. Mitte Dezember kündigte Microsoft-Mitgründer Paul Allen den Bau des bisher größten Flugzeuges auf der Welt an, von dem aus in 10 000 Metern Höhe Satelliten oder auch Raumfahrzeuge gestartet werden sollen.

China hat 2011 mit dem Raummodul »Tiangong 1« (Himmelspalast) und dem ersten Andockmanöver große Schritte auf dem Weg zum Bau einer Raumstation gemacht, die um 2020 fertig sein soll. Das unbemannte Raumschiff »Shenzhou 8« (Magisches Schiff) koppelte im November zweimal am »Himmelspalast« an. Dabei kooperierte China auch mit Deutschland im All. Mit dem Ankoppeln schloss China zu den Raumfahrtnationen USA und Russland auf, die die Technologie seit vier Jahrzehnten beherrschen. Sollte der Bau der Raumstation wie geplant weitergehen, wäre China 2020 einzige Nation mit einem ständigen Außenposten im All.

Auf der Suche nach neuen Zielen rückt gut 42 Jahre nach der ersten Mondlandung immer mehr der Mars ins Zentrum der Raumfahrt. Es gebe Hoffnung, Mitte der 2030er Jahre einen ersten Flug zum Roten Planeten umzusetzen, meint Johann-Dietrich Wörner, Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Eine solch ehrgeizige Reise sei aber nur als Gemeinschaftsprojekt denkbar.

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