PLATTENBAU

  • Thomas Grossman
  • Lesedauer: 3 Min.

Kate Bush gehörte um 1980 zu den Pop-Musikern, die besonders polarisierten. Die einen mochten ihre manchmal piepsige Stimme nicht oder meinten, ihrer Lieder wären überladen. Sie schüttelten die Köpfe über Kates Jugend, ihre Exaltiertheit, den Hang zu Vegetarismus, Astrologie, Parapsychologie. Ihre Fans dagegen liebten ihre genialen Songideen, ihre Fröhlichkeit, ihre fehlenden Ego-Eskapaden.

Mit elf brachte sich die hübsche Arzt-Tochter aus dem englischen Kent selbst das Klavierspielen bei, mit zwölf schrieb sie erste Songs, mit 16 erhielt sie einen Plattenvertrag und mit 19 veröffentlichte sie ihr erstes Album. Kate Bush hatte ihren eigenen Kopf: Sie gründete einen Musikverlag, ließ sich ein Studio bauen, experimentierte mit Synthesizern und ging nach einer einzigen Tournee nie wieder auf Tour. Die Abstände zwischen ihren Alben wurden mit der Zeit immer größer. Von »The Red Shoes« im Jahre 1993 bis zum wunderbaren »Aerial« vergingen ganze zwölf Jahre.

Dafür wartete die jetzt 53-Jährige 2011 gleich mit zwei Alben auf: Im Mai erschien »Director’s Cut«, wofür sie lediglich ältere Songs überarbeitete, und nun »50 Words For Snow«, ein fabelhaftes Konzeptalbum über den Schnee.

Kate Bush im »Musikexpress«: »Für mich ist Schnee etwas Magisches. Optisch gibt es doch nichts Schöneres als eine Winterlandschaft, alle Klänge und Stimmen verändern sich. Schnee kann sehr hartnäckig sein - oder er schmilzt gleich wieder weg. Er kann Dinge begraben - oder einfach nur wie Puderzucker auf ihnen liegen. Er erscheint in so vielen verschiedenen Formen…«

Sieben Lieder werden vorgestellt, alle relativ lang - zwischen sieben und 13 Minuten. Eigentlich aber sind es keine Lieder, eher eine Art Pop-Suite, Kammermusik, Melodiebögen, meist sparsam instrumentiert, vor allem mit einem eindringlichen Klavier (Bush), dazu Bass, etwas Gitarre (die ihr Ehemann spielt), etwas Drums, manchmal Keyboards. Und Bushs dezente, zurückhaltende, gereifte Stimme.

»Snowflake« thematisiert den Fall einer Schneeflocke - nie ist darüber so spannend gesungen worden (der Knabensopran ist von ihrem Sohn). »Lake Tahoe« erzählt zu leicht schauriger Musik die Geschichte einer Frau, die vor über 100 Jahren im See ertrunken ist und nun zur Winterzeit herumspukt. »Misty« handelt von einer Frau, die Sex mit einem Schneemann hat, doch am nächsten Morgen ist er verschwunden. Eine Metapher über die Vergänglichkeit der Liebe. In »Wild Man«, dem poppigsten Song, geht es um die böse Verfolgung des Yeti im Himalaya. »Renn weg«, wird ihm warnend zugerufen. Und im Titelsong werden - frei nach der Legende, die Eskimos hätten 50 verschiedene Worte für Schnee - zu treibendem Rhythmus 50 Wörter für Schnee vorgetragen - fast alle von Kate Bush selbst mit viel Humor erfunden: mountainsob, anklebreaker, terrablizza, icyskidski, Zhivagodamarbletash, slipperella, bad for trains ...

Kate Bush: 50 Words For Snow (EMI)

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